„Unsere Kleidung ist viel zu weit für sie…“

„Unsere Kleidung ist viel zu weit für sie…“

André Hahn bei Flüchtlingen im Landkreis Sächsische Schweiz – Osterzgebirge sowie Meißen

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Im Rahmen einer gemeinsamen Asyltour der sächsischen Landesgruppe im Bundestag sowie der Landtagsfraktion der LINKEN besuchte André Hahn am 24. und 25. August mehrere Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in seinem Landkreis in der Sächsischen schweiz. „Auch hier gab es zunächst eine Einwohnerversammlung mit kritischen Fragen. Rassistische Ausfälle gab es aber nicht“, erzählt uns die Leiterin einer Einrichtung für 80 Geflüchtete in einem beschaulichen Ort, umgeben von viel Wald. Als die Flüchtlinge dann da waren, ging es los: 18 Fahrräder spendeten die Einwohner spontan und immer wieder Sachen, viele boten Hilfe an. Auf jenen Fahrrädern kommen uns Kinder entgegen gerollt. Kichernd, unbeschwert. Es werden immer mehr. Sie lassen nicht mehr von uns, als wir in das Innere der Einrichtung wechseln, zupfen uns keck an den Sachen, singen spontan ein fröhliches Kinderlied. So spartanisch, wie alles hier ist – die Menschen haben einen Ort, um Ruhe zu finden nach Krieg und Flucht. „Ich bin mit 500 Menschen auf einem Schiff nach Italien gekommen“, erzählt eine junge Libyerin. „Ich habe so viele Tote gesehen…“, schüttelt sie den Kopf mit geschlossenen Augen. Sie ist allein hier, hat niemanden mehr.

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Wir erleben eine couragierte und mit viel gesundem Menschenverstand agierende DRK-Heimleiterin und engagierte Mitarbeiter. Tagtäglich kämpfen sie mit neuen Herausforderungen, zum Beispiel bei der Verpflegung und nehmen die Sorgen oft mit nach Hause. „Ich habe mich noch nie so nützlich gefühlt“, sagt eine Mitarbeiterin, die zuvor in einer Verwaltung tätig war. Ein Schwachpunkt: es fehle an gespendeter Männerbekleidung. Jeder kann sehen, warum: die Kleidung deutscher Männer ist mehrere Nummern zu weit für jene hier, die meist aus Syrien kommen und eine entbehrungsreiche Flucht hinter sich haben. Dennoch: hier läuft es so vernünftig – das sollte man publik machen. Ein Foto? Nein, wir werden gebeten, nicht zu schreiben, wo wir waren. Sie haben Angst, dann jene auf den Plan zu rufen, denen das ein Dorn im Auge ist.

Am Abend besuchen wir den ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Heidenau, der binnen zwei Tagen zur Erstaufnahmeeinrichtung umfunktioniert wurde und vor dem schlimmste rechte Randale den Ruf Heidenaus, wo André Hahn selbst einst Stadtrat war, ruinierten. Hier kommt eigentlich keiner rein. Die Landesdirektion hat den Besuch kurzfristig genehmigt. Regungslos stehen wir vor einem Meer von Feldbetten. Wer sich räkelt, landet beim Nachbarn. Noch die Bilder vom Hochwasser im Kopf, sucht man irgendwelches Hab und Gut – Fehlanzeige. „Viele kommen mit nichts!“, bestätigt uns der DRK-Pressesprecher. Privatsphäre gibt es hier nicht, jedoch viel Fläche, klimatisierte Luft und ein großes Außengelände. Sicher besser als die Zeltstadt in Dresden, aber ganz bestimmt auch keine Dauerlösung. Auf einem Teppich spielen ein paar Kinder mit Legosteinen. Ein Mann kniet sich daneben zum Gebet. Geduldig warten alle an der Essenausgabe. Ein kleines Mädchen hüpft barfuß auf den Fliesen an uns vorbei. Sie strahlt. Nein, nicht über Süßigkeiten. Sie hält zwei belegte Brötchen in den Händen. Hier sind jetzt über 350 Menschen, es ist erstaunlich ruhig. Bald werden hier doppelt soviel Flüchtlinge leben müssen. Im Untergeschoss spielen auf einer Betonfläche und zwischen Stahlpfeilern Männer Fußball zwischen zu Toren umfunktionierten Plastikstühlen. Die meisten in Badeschuhen. In ihren Gesichtern steht Freude, seit wer weiß wie langer Zeit einmal unbeschwert sein zu dürfen. Aus unserer eigenen Welt kennen wir so viele desinteressierte Blicke und Gesichter. Hier suchen sie deinen Blick und lächeln dankbar zurück.

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„Dieser Markt darf nur eine Übergangseinrichtung bleiben. Die Flüchtlinge gehören unbedingt in feste Quartiere.“, resümiert André Hahn. Auch in Heidenau sind die über 80 haupt- und vor allem ehrenamtlich tätigen DRK-Helfer die eigentlichen Helden. Ärzte leisten Großartiges, Firmen spenden. Auch habe der Landkreis ein beschlossenes Konzept und setze dabei vorrangig auf eine dezentrale Unterbringung. Doch darüber liest man kaum etwas in den Medien. Wir erfahren aber auch: Viele Helfer seien Anfeindungen ausgesetzt, hätten ihre facebook-Profile geändert oder abgeschaltet und trauten sich nicht in ihren weißen T-Shirts vor den Baumarkt. Auch André Hahn wird nach dem Verlassen der Einrichtung auf dem real-Markt gegenüber von „besorgten Bürgern“ die den Titel Rassisten verdient haben, angepöbelt, was er als Bundestagsabgeordneter zu „dieser Misere“ sage. Dass sie, denen Mitmenschlichkeit und Mitgefühl so fremd sind, die eigentliche Misere sind, merken sie nicht.

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Anja Oehm, Mitarbeiterin Wahlkreisbüro Sebnitz

Asyl – Tour der LINKEN in Riesa am 26. August

Ohne Zweifel, die Asyl Tour der Sachsengruppe der Bundestagesfraktion DIE LINKE und der Fraktion des Sächsischen Landtages war nicht nur eine gute Idee. Schon mit Beginn des Aufbauens des Informationsstandes und des Aufbauens der Elemente Ausstellung Asyl kamen Riesaer ins Gespräch mit den Abgeordneten.

Der Bundestagsabgeordnete André Hahn, die Landtagsabgeordneten Juliane Nagel und Kerstin Lauterbach, die Vorsitzendende der Kreistagsfraktion Bärbel Heym, die Stadtratsfraktionsvorsitzende Uta Knebel und viele andere Demokraten stellten sich den Fragen der Riesaer.

Eine willkommene und gut angenommene Aktion. „Frieden auf der Welt heißt, Frieden in allen Völkern und die Gestaltung eines lebenswerten Daseins der eigenen Heimat, das sagte ein Riesaer mit weicher und bedrückter Stimme zu mir.“

Andreas Graff, Stadt- und Kreisrat sowie Mitglied Buntes Meißen