BND muss rechtswidrige Spionage sofort beenden

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem wichtigen Urteil festgestellt, dass das Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes verfassungswidrig ist. Das ist ein großer Erfolg der Klageführer und eine schwere Niederlage für Bundesregierung und Koalition. DIE LINKE fordert, dass alle vom BVG für rechtswidrig erklärten Praktiken des BND sofort beendet werden müssen!


Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/163 vom 28. Mai 2020

Zusatzpunkt 9 und 10

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Stephan Thomae, Benjamin Strasser, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Reform der Nachrichtendienste – Lehren aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BND-Gesetz Drucksache 19/19509

ZP10  Erste Beratung des von den Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiteren Abgeordneten und der Frak-tion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste

Drucksache 19/19502

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat in einem wichtigen Urteil festgestellt, dass das Gesetz zur Ausland-Ausland- Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes in zahlreichen Punkten verfassungswidrig ist. Das ist ein großer Erfolg der Klageführer, unter anderem von Reporter ohne Grenzen, und eine schwere Niederlage für Bundesregierung und Koalition.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich noch gut an die hämischen Kommentare aus der Union, aber auch aus der SPD, als ich nach der Beschlussfassung erklärte, dieses Gesetz werde vor den Karlsruher Richtern definitiv keinen Bestand haben. Linke und Grüne hatten damals leider nicht das notwendige Quorum für eine Normenkontrollklage. Umso mehr freue ich mich über das jetzige Urteil.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Fakt ist aber auch: Mehr als drei Jahre hat die Bundesregierung ein verfassungswidriges Gesetz angewandt, und sie hat auch jetzt noch eine Übergangsfrist bis Ende 2021, um Änderungen vorzunehmen. Für Die Linke sage ich hier ganz klar: Alle vom Verfassungsgericht für rechtswidrig erklärten Praktiken des BND müssen sofort beendet werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Ausdrücklich begrüße ich die Klarstellung des Gerichts, dass die Grundrechtsbindung deutscher Behörden auch im Ausland gilt und der Schutz von Journalisten vor Ausspähung deutlich verbessert werden muss. Union und SPD haben damals im NSA/BND-Untersuchungsausschuss nicht nur die Anhörung Edward Snowdens, dem wir das Wissen über die anlasslose Massenüberwachung durch die Geheimdienste verdanken, sabotiert; Sie haben auch die Ergebnisse des Ausschusses gar nicht abwarten wollen. Im Eiltempo wurde ein Gesetz verabschiedet, das die hochumstrittene Überwachungspraxis des BND nachträglich fast uneingeschränkt legalisiert hat. Somit konnte zum Beispiel die komplette Ausspähung der Kommunikation am weltgrößten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt am Main ungeniert fortgeführt werden.

Meine Damen und Herren, ich bin der FDP-Fraktion dankbar für die Möglichkeit der heutigen Debatte. Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP ist aus meiner Sicht durchaus geeignet, die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste zu stärken. Ich teile aber nicht alle darin enthaltenen Vorschläge, wie zum Beispiel die geforderte Einrichtung eines eigenständigen Nachrichtendienstbeauftragten; denn wir brauchen keine weitere Zersplitterung der Kontrollgremien. Gleichwohl finde ich im FDP-Entwurf mehrere Punkte, die von der Linken bereits in der letzten Wahlperiode in einem eigenen Gesetzentwurf eingebracht wurden. Das freut mich natürlich.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Für die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums muss es endlich eine Stellvertreterregelung geben, und mindestens ein ausgewählter Mitarbeiter je Fraktion muss zur Unterstützung der Arbeit der Mitglieder Zugang zu den Sitzungen erhalten, wie in allen anderen Ausschüssen des Bundestages auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Daneben müssen wir das Recht erhalten, unsere Fraktionsvorsitzenden über wichtige Vorkommnisse zu unterrichten, ohne wegen Geheimnisverrat mit Strafe bedroht zu werden. Die parlamentarische Kontrolle würde zudem deutlich gestärkt, wenn die Opposition ähnliche Minderheitenrechte wie etwa in Untersuchungsausschüssen erhielte. Sie wäre dann nicht mehr wehrlos gegenüber der Regierungsmehrheit, und missliebige Themen könnten nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt also viele Anknüpfungspunkte, und ich bin deshalb gespannt auf die Beratungen in den Ausschüssen.

Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)