Rede auf Demo der IG Metall zum Erhalt vom Qimonda
Rede auf der Qimonda-Demo vor dem Landtag, 19. März 2009
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin sehr froh, dass so viele Qimondianer und deren Unterstützer heute hier zu dieser Kundgebung gekommen sind, denn heute wird sich das Schicksal des Unternehmens vermutlich entscheiden.
Gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Linksfraktion angesichts der drohenden Einstellung der Produktion eine Sondersitzung des Sächsischen Landtages durchgesetzt, denn die Hinhalte-Taktik der Staatsregierung muss aus meiner Sicht endlich ein Ende haben.
Für meine Fraktion sage ich hier in aller Deutlichkeit: Wir wollen die Mikroelektronik am Standort Dresden erhalten. Qimonda darf nicht sterben! Genau das fordern wir mit unserem Antrag, der heute hier im Landtag zur Abstimmung steht.
Die Heuchelei der politisch Verantwortlichen ist nicht mehr erträglich.
Gestern Abend um 18.34 Uhr gab die Sächsische Staatskanzlei wohl auch mit Blick auf die von der Opposition erzwungene Sondersitzung des Landtages eine Pressemitteilung heraus, deren Inhalt ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Die Überschrift der Presseerklärung lautet: „Staatsminister Beermann unterstützt die Halbleiter-Industrie.“
Im Text heißt es dann weiter: „Die Halbleiter-Industrie ist von strategischer Bedeutung. Das bekräftigte gestern EU-Vizepräsident Günter Verheugen… Europa dürfe bei Halbleitern nicht in die gleiche Abhängigkeit wie beim Öl und Gas geraten; deswegen sei auch künftig die Produktion von Halbleitern … eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie insgesamt, so Verheugen. Er bestätigte damit die Systemrelevanz der Halbleiter-Industrie für Europa.
Der Chef der Sächsischen Staatskanzlei Dr. Johannes Beermann – immer noch Zitat der Agenturmeldung – begrüßte die Aussagen des EU-Kommissars und erklärte: “Hier geht es um die Wettbewerbsfähigkeit der EU insgesamt mit den USA und Asien.
Gerade die sächsische Halbleiter-Industrie ist von zentraler Bedeutung für die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Der Staat allein kann es aber nicht richten. Wir brauchen private Unternehmer und Investoren, die an einem Strang ziehen. Bei Schlüsselindustrien wie der Halbleiter-Industrie – so der Staatskanzleichef abschließend – ist der Freistaat Sachsen zu besonderer Unterstützung bereit.“
Das sind die Worte der Staatsregierung. Die Taten sehen leider gänzlich anders aus. Im Dezember verkündete der Wirtschafts-minister, dass eine Lösung gefunden sei, und zwar gemeinsam mit Infineon und den Portugiesen. Der Freistaat stellte als seinen Beitrag zur Rettung einen dreistelligen Millionenbetrag in Aussicht.
Der parteilose Finanzminister Prof. Unland kündigte daraufhin einen Nachtragshaushalt an. Das wiederum rief die CDU auf den Plan, die ein solches Modell zur Rettung von Qimonda rigoros ablehnte.
Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat zu alledem geschwiegen, er hatte wie immer keine eigene Meinung. Genau das gleiche Szenario droht nun erneut. Angesichts dessen fordere ich vom Ministerpräsi-denten, dass er heute endlich eindeutig Position bezieht. Ich werde Herrn Tillich nachher in der Landtagsdebatte folgende Frage stellen: Wollen Sie Qimonda retten oder nehmen sie wegen ihrer generellen Ablehnung staatlicher Beteiligungen aus rein ideologischen Gründen den Verlust tausender Arbeitsplätze billigend in Kauf?
Am 9. März hat Insolvenzverwalter Jaffé einen Brief an die Staatregierung gesandt, in dem er unzweideutig erklärte, dass eine Beteiligung des Freistaates Sachsen die einzig verbliebene, also allerletzte Möglichkeit ist, um eine Zerschlagung und Einzelverwertung der Vermögenswerte nach Asien zu verhindern. Den gewählten Abgeordneten wurde dieser Brief offenbar ganz bewusst vorenthalten. Wir als Linksfraktion haben erst durch eine Indiskretion in der Staatskanzlei davon erfahren und sofort gehandelt, indem wir die heutige Sondersitzung des Parlaments beantragt haben.
Ich bedauere ausdrücklich, dass sich auch Wirtschaftsminister Jurk, dem ich sein Engagement für Qimonda keinesweg absprechen will, offenbar von der christdemokratischen Ideologie anstecken ließ, als er meinte, vor einem VEB Qimonda warnen zu müssen.
Ich habe noch nie aus dem Munde eines SPD- oder CDU-Politikers gehört, dass sich in Wolfsburg das Zentrum des „VEB VW“ befindet, nur weil das Land Niedersachen seit Jahrzehnten Anteile an Volkswagen hält.
Keiner will eine neue Staatswirtschaft, aber wenn immer von einem fairen Wettbewerb die Rede ist, dann muss es doch erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass alle ernst zunehmenden Konkurrenten
von Qimonda in Amerika und Asien nur deshalb noch am Markt sind, weil sie durch staatliche Beteiligungen gestützt werden.
Ich erwarte von der heutigen Landtagsdebatte, dass ein klares Zeichen gesetzt wird. Ein klares Zeichen für den Erhalt von Qimonda bzw. einer Nachfolgefirma.
Sie als hochqualifizierte Männer und Frauen haben es nicht verdient, in die Ecke gestellt zu werden. Ich meine: Sachsen braucht Ihre Erfahrung und Ihre Sachkenntnis auch in Zukunft.
Deshalb wollen wir heute im Landtag eine Beschlussfassung in diesem Sinne herbeiführen.
Heute fällt die Entscheidung. Stirbt Qimonda oder eröffnet die Politik eine Perspektive. DIE LINKE will, dass Qimonda lebt. Dafür werden wir uns im Landtag stark machen!