André Hahn: Gefahr von rechts darf nicht relativiert werden
Rechtsextreme rütteln an den Grundfesten unserer Gesellschaft sowie unseres demokratischen Miteinanders in einem Maße, wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Wer aber wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), links und mit rechts gleichsetzt, handelt verantwortungslos und verkennt die realen Gefahren der Gegenwart. Klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus ist das Gebot der Stunde!
Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 10.09.2020 – 19/173
Tagesordnungspunkte 13 a und 13 b
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin Hess, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD
Bundeseinheitlicher Aktionsplan 2020 gegen linksextremistische Gewalt und Terror – Null Toleranz statt Deeskalation
Drucksache 19/22189
Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Inneres und Heimat (f) Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin Hess, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD
Schnellstmögliche Beschaffung und Einführung von Distanz-Elektroimpulsgeräten für die Bundespolizei
Drucksache 19/22203
Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Inneres und Heimat
Dr. André Hahn (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewalt darf in unserem Land kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, von welchem politischen Spektrum sie ausgeht.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Und wenn nun allerdings die AfD das Thema Linksextremismus auf die Tagesordnung setzt, dann versucht sie vor allem, die Gefahr von rechts zu relativieren.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Unsinn!)
Rechtsextreme bedrohen engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie Politikerinnen und Politiker, nicht zuletzt aus den Reihen meiner Partei. Rechtsextremisten rütteln an den Grundfesten unserer Gesellschaft sowie unseres demokratischen Miteinanders, und zwar in einem Maße wie wahrscheinlich noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhard Baum hat leider recht, wenn er im „Tagesspiegel“ schreibt, dass ein Hauch von Weimar über dem Land liegt.
(Martin Reichardt [AfD]: Ein Hauch von Volkskammer!)
Und deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass jetzt alle Demokratinnen und Demokraten dies erkennen und klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus zeigen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der AfD)
Von daher habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, wenn der Ostbeauftragte der Bundesregierung, der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz, gegenüber dem Redaktions Netzwerk Deutschlands Links- und Rechtsextremismus ebenso gleichsetzt wie meine Partei, Die Linke, mit der AfD.
(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Martin Reichardt [AfD]: Ich möchte nicht gleichgesetzt werden! Würde mich schämen!)
Dies ist nach den rassistischen Morden in Hanau, nach dem Anschlag von Halle, nach dem Mord an Walter Lübcke, nach der Mordserie des NSU, nach über 200 Todesopfern rechtsextremer Gewalt seit 1990 eine unglaubliche Entgleisung, die sich Herr Wanderwitz dort geleistet hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer so argumentiert, handelt verantwortungslos, verkennt die realen Gefahren der Gegenwart und spielt letztlich nur den Rechten in die Hände.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Jetzt sagen Sie doch einmal etwas zum Linksextremismus!)
Die AfD will mit ihrem Antrag zugleich von der eigenen Verstrickung mit dem organisierten Rechtsextremismus, von den vielfältigen inhaltlichen und personellen Überschneidungen ablenken. Kollege Grötsch hat darauf hingewiesen: Allein hier im Bundestag beschäftigen AfD-Abgeordnete, wie „Zeit Online“ recherchiert hat,
(Martin Reichardt [AfD]: Das sagt jemand aus einer Fraktion, die Terroristen beschäftigt hat! Das ist doch unglaublich!)
dutzende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit rechtsextremem Hintergrund,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Stellen Sie sich Ihren Problemen: Linksextremismus!)
angefangen von Anhängern der NPD, der Neonazi-Organisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ bis hin zu Aktivisten der Identitären Bewegung. Von dieser braunen Truppe braucht unser Parlament keinerlei Belehrungen.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: Stellen Sie sich in Ihrer eigenen Partei der Vergangenheit!)
Die AfD fordert in ihrem zweiten Antrag ohne jede Rechtsgrundlage die Zulassung von Elektroschockern bei Polizeieinsätzen. Eine Studie aus Finnland zeigt, dass dies eben nicht zum Rückgang von Schusswaffengebrauch geführt hat,
(Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Kommt auf die konkrete Situation an!)
sondern wie das Pfefferspray eher zu einem alltäglichen Einsatzmittel der Polizei wird. Die AfD hat offenbar den Wunsch nach Zuständen wie aktuell in den USA, mit brennenden Städten und einer eskalierenden Gewalt.
(Karsten Hilse [AfD]: Die brennenden Städte, wo kommen die denn her? Das sind Ihre Freunde, die die Städte in Schutt und Asche legen! Also wirklich!)
Wir als Linke wollen das nicht!
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb – letzter Satz – werden wir uns der AfD überall entgegenstellen: hier, auf den Straßen, friedlich, aber mit aller Entschiedenheit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])