Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten darf nicht aufgeweicht werden
Wie von uns prognostiziert, wurden 2020 zentrale Regelungen des BND-Gesetzes in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt. Also einfach mal auf DIE LINKE hören! Ob der erneute Anlauf nun klappt, ist offen, zumal BND, MAD und Verfassungsschutz künftig legalisiert nahezu unbeschränkt Übermittlungsbefugnisse für Daten an Polizeibehörden bekommen sollen, ohne dass das Parlament dies kontrollieren kann.
Die Rede im Wortlaut:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht sollten die Regierenden wenigstens hin und wieder mal auf die Opposition hören. Bei der Beschlussfassung des vorletzten BND-Gesetzes habe ich hier von diesem Pult aus erklärt, dass nicht nur wir es für verfassungswidrig halten und dass es vor keinem Gericht Bestand haben wird. Später wurde es tatsächlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt.
(Zuruf von der LINKEN: Aha!)
Das Gesetz musste korrigiert werden. Und erneut habe ich hier für Die Linke verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Das geltende BND-Gesetz liegt inzwischen auch zur Entscheidung in Karlsruhe. Ob die dritte Neufassung binnen weniger Jahre nun tatsächlich grundgesetzkonform ist, kann erst nach den anstehenden Ausschussberatungen bewertet werden. Zweifel bleiben allein schon deshalb, weil zentrale Punkte, die die Verfassungsrichter 2022 beim bayerischen Gesetz – das ist schon angesprochen worden – gerügt haben und die wortgleich im Bundesrecht stehen, mit dieser Novelle überhaupt nicht korrigiert werden.
(Zuruf von der LINKEN: Unfassbar!)
Eine Neuregelung von Übermittlungsvorschriften muss laut Gerichtsbeschluss zum Verfassungsschutzgesetz bis Ende dieses Jahres vorliegen. Das kann nun im Schnellverfahren gerade noch erreicht werden. Positiv ist, dass das Urteil der Karlsruher Richter nun auch auf die Bestimmungen für den Militärischen Abschirmdienst und den BND übertragen werden soll. Im Kern geht es um einen Grundsatz des deutschen Rechts, nämlich das informationelle Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten, national wie international. Doch wie Sie, meine Damen und Herren, das jetzt in diesem Gesetz umsetzen bzw. die Bundesregierung mit ihrer Vorlage, das ist mehr als unredlich.
Sie schreiben all das, was beispielsweise das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Datenübermittlung an andere Stellen bisher schon in einer Grauzone oder gar rechtswidrig getan hat, einfach in das neue Gesetz. Darunter sind so kuriose Vorschriften wie die Störpropaganda gegen die Bundeswehr nach § 109d Strafgesetzbuch – eine Vorschrift, die bei der Verabschiedung durch
den Gesetzgeber Ende der 1950er-Jahre vom Deutschen Presserat als „Maulkorb-Paragraf“ benannt wurde und bis heute in der Strafrechtspraxis kaum Bedeutung erlangte.
Ich frage Sie: Was soll dieser Unfug?
(Beifall bei der LINKEN)
Auch BND und MAD erhalten – nun legalisiert – weitgehende Übermittlungsbefugnisse betreffend Strafverfolgungsbehörden und ausländische Geheimdienste ohne Prüfmöglichkeit durch parlamentarische Gremien. Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf die Maßnahmen zur Eigensicherung eingehen, die in Reaktion auf den Spionagefall Carsten L. beim Bundesnachrichtendienst geplant sind. Dabei geht es um verdachtsunabhängige Ein- und Ausgangskontrollen, Taschenkontrollen bei den Beschäftigten, aber auch um Leibesvisitationen, bis hin zur Anwendung körperlichen Zwangs und vorübergehender Ingewahrsamnahme. Sogar nachrichtendienstliche Mittel sollen gegen die eigenen Mitarbeiter eingesetzt werden dürfen. Diese eingriffsintensiven Maßnahmen werden wohl kaum zu einer Vertrauenskultur innerhalb dieser Behörden beitragen. Und zu allem Überfluss hätten diese Regelungen vermutlich –
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Kollege.
Dr. André Hahn (DIE LINKE):
– auch den Spionagefall von Carsten L. nicht verhindert. Wir werden auch nach den Beratungen diesen Gesetzesentwürfen vermutlich nicht zustimmen können.
(Beifall bei der LINKEN)