Drei Tage Landtag, ein alter Freund zu Besuch und das Jüdische Begegnungszentrum in Leipzig
Drei lange, anstrengende und leider wieder auch wenig ergiebige Landtagssitzungen liegen hinter mir, und ich freue mich jetzt auf das Wochenende, auch wenn ich morgen wieder fast den ganzen Tag unterwegs sein werde.
Neben den diversen Tagesordnungspunkten, die im Plenum abzuarbeiten waren, hatte ich gestern auch eine sehr erfreuliche Begegnung – diesmal ganz privat –, denn ein alter Jugendfreund hatte mich im Internet entdeckt und nutzte einen Besuch in Dresden, um sich nach langer Zeit mal wieder mit mir zu treffen.
Fast 15 Jahre hatte ich Sven, mit dem ich in Neubrandenburg in einem Neubau-Block wohnte, nicht gesehen. Mit ihm und seiner Frau hatte ich im Landtagsrestaurant „Chiaveri“ ein überaus angenehmes Gespräch, in dem auch viele Erinnerungen aufgefrischt wurden, zum Beispiel unsere gemeinsamen Fußball-Erlebnisse, angefangen vom Spielen auf dem Bolzplatz hinter dem Haus, der damals auf Initiative meines Vaters angelegt wurde, bis hin zu unserer Ausbildung als Schiedsrichter und den späteren, oft umständlichen Fahrten mit dem Öffentlichen Nahverkehr zu den Spielen auf Kreis- und Bezirksebene, wo Sven und ein weiterer Sportfreund aus unserer Straße mich als Linienrichter begleiteten. Während ich meine Schiedsrichter-Laufbahn 1991 beendet habe, weil sich ein regelmäßiger Einsatz an den Wochenenden nicht mehr mit der politischen Tätigkeit verbinden ließ, ist Sven, der auch schon in der Landesliga amtierte, bis heute im Sport aktiv. Natürlich wurde auch über Familiäres gesprochen, aber das gehört dann wohl doch nicht in einen Blog.
Zum Abschluss habe ich meinen beiden Gästen noch den Plenarsaal und mein Arbeitszimmer gezeigt, wobei ich mich wieder einmal über die überzogenen Sicherheitsmaßnahmen im Landtag geärgert habe, durch die die Bewegungsfreiheit von Besuchern doch erheblich eingeschränkt wird.
Als ich mich von Sven und seiner Frau nach mehr als zwei Stunden verabschiedete, waren wir uns einig darin, dass bis zum nächsten Wiedersehen nicht noch einmal 15 Jahre vergehen werden.
In der heutigen Landtagssitzung habe ich nur am letzten Drittel aktiv teilnehmen können, denn ich hatte mich entschieden, an der feierlichen Einweihung des Ariowitsch-Hauses, der neuen Begegnungsstätte der Jüdischen Gemeinde in Leipzig, teilzunehmen, um die es in den zurückliegenden Jahren heftigen Streit gab, nicht nur wegen der Absicherung der Finanzierung, sondern bedauerlicher Weise auch durch Anwohner, die kein jüdisches Begegnungszentrum in ihrer Nähe wollten und sogar dagegen klagten. Es ist mehr als schmerzlich, dass so etwas 64 Jahre nach dem Ende des Holocaust immer noch stattfindet. Die Einweihungsfeier verlief überaus würdig und angemessen; zu den Festrednern gehörten neben Küf Kaufmann, dem Vorsitzenden der israelitischen Religionsgemeinde in Leipzig, und der Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, u.a. auch Bundesminister Tiefensee (SPD), der sächsische Justizminister Mackenroth (CDU) und Leipzigs Oberbürgermeister Jung (SPD).
Mit letzterem bin ich wahrlich nicht immer einer Meinung, seine heutige Rede jedoch findet meine volle Unterstützung. Burkhard Jung war wie ich entsetzt darüber, dass in der Nacht vor dem heutigen Festakt rund um das Ariowitsch-Haus massenhaft NPD-Wahlplakate angebracht wurden. Diese wurden ganz bewusst nicht entfernt, um zu dokumentieren, welche demokratiefeindlichen Positionen leider auch heute noch in unserer Gesellschaft vorhanden sind und wie notwendig der Widerstand gegen die Neonazis gerade auch hier in Sachsen ist.
Der Leipziger OB hat dazu dankenswerter Weise klare Worte gefunden.
Als ich die Veranstaltung verließ, um wieder nach Dresden zu fahren, stellte ich erfreut fest, dass unter den Plakaten der NPD inzwischen mehrere von Bündnis 90/Die Grünen angebracht worden waren, die sich klar und eindeutig von den Nazi-Parolen distanzierten. Auf diese Idee hätte eigentlich auch die Leipziger LINKE kommen können…