Dreiste Anbiederung der AfD
Jüdisches Leben in Deutschland ist nicht selbstverständlich. Deshalb haben wir eine besondere Verpflichtung, Menschen jüdischen Glaubens in jeglicher Hinsicht zu unterstützen und auch zu schützen. Dass ausgerechnet die AfD versucht, sich als Anwalt Israels und jüdischer Menschen aufzuspielen, ist angesichts des Antisemitismus in dieser Partei geradezu dreist.
Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/143 vom 30.01.2020
Tagesordnungspunkt 13:
a) Antrag der Abgeordneten Beatrix von Storch, Jürgen Braun, Petr Bystron, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Das Verhältnis zwischen der EU und Israel verbessern Drucksache 19/16855
b) Antrag der Abgeordneten Roman Johannes Reusch, Tobias Matthias Peterka, Marc Bernhard, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD: Maßnahmen gegen die Diskriminierung von israelischen Staatsangehörigen Drucksache 19/16856
Dr. André Hahn (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es in den letzten Tagen mehrfach gehört: Es ist wunderbar, dass es hier bei uns in Deutschland heute wieder viele aktive jüdische Gemeinden gibt. Kaum jemand hätte das nach der Befreiung vom Faschismus für möglich gehalten. Viele Jüdinnen und Juden hat es erhebliche Überwindung gekostet, hierher zurückzukehren und in dem Land zu leben, von dem der Zweite Weltkrieg ausging, jenem Nazideutschland, das für den Holocaust, für die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden verantwortlich war. Für diese Schuld kann und darf es kein Vergessen geben.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD] und Roderich Kiesewetter [CDU/CSU])
Auch deshalb haben wir, haben alle Demokraten in diesem Land eine ganz besondere Verpflichtung: Menschen jüdischen Glaubens in jeglicher Hinsicht zu unterstützen und zu schützen. Deshalb ist ein gutes, ein freundschaftliches Verhältnis zu Israel wichtig – was Kritik an politischen Entscheidungen nicht ausschließt. Klar ist: Antisemitismus jeglicher Art müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Antisemitische Positionen gehören zu den konstituierenden Elementen des Rechtsextremismus. Die AfD lässt seit Jahren nahezu nichts unversucht, rechtsextreme Positionen hoffähig zu machen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Unsinn!)
Angesichts dessen finde ich es schon ziemlich dreist, dass gerade diese Fraktion versucht, sich hier als Anwalt jüdischer Menschen oder der Beziehungen Deutschlands zum Staat Israel aufzuspielen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Sonst tut es keiner! Das ist ja das Traurige! – Nicole Höchst [AfD]: Machen Sie das doch!)
Ich will darauf verzichten, hier die unsäglichen antisemitischen Äußerungen von Gedeon, Sayn-Wittgenstein, Höcke, Gauland und Co zu wiederholen. Zur Verbesserung unserer Beziehung zu Israel brauchen wir ganz sicher keine Anträge der AfD.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Eines will ich für meine Fraktion Die Linke aber auch ganz klar sagen: Es reicht nicht aus, sich in Sonntagsreden oder hier im Parlament über ein wieder blühendes jüdisches Leben in Deutschland und enge Verbindungen zu Israel zu freuen, wo viele Jüdinnen und Juden nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Heimat gefunden haben.
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Friedhoff aus der AfD-Fraktion?
Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, gestatte ich nicht.
(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Die lernen ja leider nichts dazu!)
Ich will für meine Fraktion Die Linke auch noch mal eindeutig erklären: Das Existenzrecht Israels darf von niemandem zur Disposition gestellt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Das ändert nichts daran, dass wir auch sagen: Ja, die Palästinenser haben Anspruch auf einen eigenen Staat. – Das tun wir auch. Trotzdem ist der erste Satz, den ich in diesem Zusammenhang betont habe, extrem wichtig. Ein letzter Punkt. Unser Bekenntnis zu Schuld und Verantwortung muss auch glaubwürdig sein. Durch meine parlamentarischen Anfragen der letzten Wochen ist herausgekommen, dass die Gräber von SS-Kriegsverbrechern und sogar KZ-Kommandanten von Sachsenhausen, Dachau und Mauthausen über die Kriegsgräberfürsorge bis heute mit Steuergeldern gepflegt und erhalten werden. Damit muss endlich Schluss sein!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Letzter Satz: Staatliche Förderung verdienen die Opfer und nicht die Täter. Daran darf es keinen Zweifel geben – nicht hier im Bundestag und auch nicht in unserer Gesellschaft.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)