Eingangsstatement zur PK der Fraktionsvorsitzendenkonferenz in Hamburg

Eingangsstatement auf FVK-PK in Hamburg, 17. April 2009

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich freue mich, dass Sie der Einladung zu Pressekonferenz anlässlich der Tagung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der LINKEN hier in Hamburg gefolgt sind.

Auch wenn wir seit der Gründung der neuen LINKEN alles in allem sehr gut vorangekommen sind, ist es auch für uns noch immer keine Selbstverständlichkeit, hier in einem westdeutschen Bundesland eine Pressekonferenz abzuhalten.

DIE LINKE ist nunmehr in zehn der 16 Bundesländer in den Landesparlamenten vertreten, und wir sind sehr zuversichtlich, dass im kommenden Jahr Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein dazu kommen werden. Daran, dass wir am 30. August auch im Landtag des Saarlandes als Fraktion vertreten sein werden, besteht ohnehin kein Zweifel.

Lassen Sie mich – bevor wir zu den politischen Inhalten kommen – auch noch etwas Atmosphärisches sagen. Wir fühlen uns hier in Hamburg sehr wohl und wir sind sehr dankbar dafür, dass der Präsident der Bürgerschaft, Herr Röder, der bekanntlich der CDU-Fraktion angehört, uns anlässlich unserer Konferenz gestern Abend persönlich empfangen und auch zu einem Abendessen eingeladen hat. Ein solch unkomplizierter Umgang mit politischen Konkurrenten ist im Osten unseres Landes leider immer noch alles andere als selbstverständlich.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass es hier in Hamburg offenbar möglich ist, ungeachtet natürlich vorhandener politischer Differenzen in einer vernünftigen und fairen Art und Weise miteinander umzugehen.
Von dieser hanseatischen politischen Kultur sollte sich insbesondere die CDU in den neuen Bundesländern mehr als nur eine Scheibe abschneiden.

Nun aber zu heutigen Tagung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der LINKEN.
Natürlich hat auch bei uns die Finanz- und Wirtschaftskrise eine ganz zentrale Rolle gespielt und wir haben uns dabei heute Vormittag auch mit verschiedenen Gästen beraten, unter ihnen mehrere Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Ein solcher Meinungsaustausch mit hochrangigen DGB-Vertretern hat inzwischen schon eine gute Tradition, denn wir haben uns bereits mehrfach zu bestimmten Themen konsultiert und zum Beispiel auch ein gemeinsame Vorgehen gegen den Rechtsextremismus abgestimmt. Heute nun haben wir logischerweise vor allem über die Wirtschafts- und Finanzkrise gesprochen und dabei sowohl in der Lageeinschätzung als auch bei den erforderlichen Maßnahmen eine ganze Reihe an Übereinstimmungen festgestellt. Da es sich dabei jedoch um vertrauliche Gespräche gehandelt hat, bitte ich um Verständnis dafür, dass ich hier nicht näher ins Detail gehen kann.
Was die Positionen der LINKEN im Deutschen Bundestag und in den Landtagen anbelangt, kann ich allerdings sehr wohl einige ganz konkrete Aussagen machen.
Auf der Grundlage vorheriger Verständigungen innerhalb der Partei hat sich die Fraktionsvorsitzendenkonferenz der LINKEN heute auf ein Anti-Krisen-Programm verständigt.

Die schwerste kapitalistische Wirtschafts- und Finanzkrise seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts hält die Welt in Atem. Millionen Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz, ihre Ersparnisse und ihre Zukunft. Sie erwarten zu Recht, dass der Staat Einfluss auf die Wirtschaft nimmt. Die entscheidende Frage ist längst nicht mehr, ob die öffentliche Hand sich wirtschaftlich engagiert, sondern in wessen Interesse, mit welchen Zielen und auf wessen Kosten dies geschieht.
Wer die aktuelle Krise überwinden will, muss einerseits über Sofortmaßnahmen die notwendige Reorganisation der Ökonomie und Finanzsphäre in Gang setzen und zugleich Schritte einleiten, die das bestehende kapitalistische Wirtschaftsmodell in Frage stellen.

Wir haben mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass selbst der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg Ole von Beust (CDU)in einer viel beachteten Rede in der Bürgerschaft festgestellt hat, dass der Kapitalismus gescheitert ist. Dem können und wollen wir als LINKE natürlich nicht widersprechen.

Zugleich fordern wir aber auch ganz konkrete Schritte gegen die aktuelle Krise. Wir meinen: Bezahlen sollen diejenigen, die die vorangegangenen Spekulationen verantwortet und von ihr profitiert haben. Die LINKE fordert daher die Einführung einer Millionärsteuer, die Privatvermögen oberhalb einer Million Euro in Höhe von mindestens 5 Prozent zur Kasse bittet.
Außerdem fordert die LINKE eine erheblich höhere Besteuerung großer Unternehmen, eine deutliche Erhöhung der Erbschaftsteuern auf große Vermögen sowie höhere Steuern auf Einkommen jenseits des heutigen Spitzensteuersatzes bei gleichzeitiger Entlastung von Geringverdienern. Zudem müssen Kapitaleinkommen künftig wieder zum persönlichen Steuersatz versteuert werden. Überfällig ist die Besteuerung von Finanztransaktionen.
Ein so erneuertes Steuersystem würde pro Jahr insgesamt 160 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen sichern und zugleich Einkommensunterschiede ausgleichen.

Darüber hinaus fordert DIE LINKE fordert ein staatliches Zukunftsprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro pro Jahr zur Bekämpfung der Krise. Die Schwerpunkte dabei sollen in den Bereichenn Klimaschutz, Infrastruktur, Verkehr, Bildung und Gesundheit liegen. Mehr als zwei Millionen zusätzliche, tariflich bezahlte Arbeitsplätze könnten dadurch geschaffen werden. Davon allein eine Million Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst für Erziehung und Bildung, Pflege und Gesundheit sowie in weiteren wichtigen Bereiche der Daseinsvorsorge. Zusätzlich fordert die LINKE den Ausbau der öffentlich geförderten Arbeit um 500.000 längerfristig angelegte Arbeitsplätze mit existenzsichernden Einkommen in wichtigen gesellschaftlichen Bedarfsbereichen.

Viele produktive und innovative Unternehmen kämpfen aufgrund der Krise mit existenzbedrohenden Absatz- und Finanzierungsproblemen. Öffentliche Hilfen an solche Unternehmen sind im Interesse der Sicherung von Arbeitsplätzen sinnvoll.
Allerdings muss jeder Euro Steuergeld zu öffentlichen Eigentumsrechten oder kollektiven Belegschaftsanteilen in gleicher Höhe führen. Verstaatlichungen dürfen kein Tabu sein. Betriebsbedingte Kündigungen sowie Lohnsenkungen sind verbindlich auszuschließen. Sowohl die bestehenden Standorte als auch Tarifbindung sowie die Ausweitung von Mitbestimmungsrechten sind zu sichern.
Für die zukunftsfähige, sozial-ökologische Entwicklung industrieller Arbeitsplätze soll ein Zukunftsfonds von 100 Milliarden Euro eingerichtet werden. Er unterstützt Unternehmen bei der Umstellung der Produktion auf energie- und rohstoffeffiziente Verfahren und Qualitätsprodukte.
Die Vergütung von Führungskräften soll an die Lohn- und Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen sowie die ökologische Nachhaltigkeit der Produkte gekoppelt sein. Aktienoptionen als Vergütungsbestandteil sind aus unserer Sicht nicht länger vertretbar.

Das übliche Bankgeschäft ist auf das Einlagen- und Kreditgeschäft zurückzuführen und muss Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge werden.
Spekulativen Investmentvehikeln wie Hedge Fonds und Private Equity Gesellschaften ist die Geschäftstätigkeit in der Bundesrepublik zu verbieten. Sämtliche Finanztransaktionen wie Börsenumsätze, außerbörslicher Handel oder Devisengeschäfte sind am Finanzplatz Deutschland mit einer Steuer zu belegen. Leerverkäufe sind zu verbieten.
Über eine halbe Billion Euro an Löhnen wurde den Beschäftigen in den letzten zehn Jahren vorenthalten. Noch einmal soviel hat der Staat den Unternehmern und Reichen durch Steuersenkungen geschenkt. Diese Umverteilung von unten nach oben muss nach unserer Meinung gestoppt und umgekehrt werden.
DIE LINKE fordert daher u.a. die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8 Euro sofort, der dann schrittweise auf 10 Euro steigen sollte. Mini-Jobs, Befristungen und Leiharbeit müssen zurückgedrängt und beseitigt werden.

DIE LINKE plädiert weiter für eine Anhebung des Arbeitslosengeldes II auf 500 Euro sowie die Anhebung der Regelsätze der Sozialhilfe für Asylbewerberinnen und -bewerber. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I muss deutlich verlängert werden.

Für DIE LINKE gilt selbstverständlich weiterhin: Hartz IV muss weg. Wir fordern statt dessen eine bedarfsorientierte repressionsfreie Mindestsicherung.
DIE LINKE verlangt zudem die Wiederherstellung der alten Rentenformel und die Lebensstandardsicherung durch die gesetzliche Rente. Die Rentnerinnen und Rentner müssen eine sofortige Nachzahlung in Höhe von drei Prozent erhalten.

In der heutigen Sitzung der Fraktionsvorsitzendenkonferenz haben wir uns diesbezüglich auf eine konzertierte Aktion verständigt, und werden in den kommenden Wochen in allen Landtagen entsprechende parlamentarische Initiativen einreichen.

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