Frau Schwan, „Max Ballauf“ und DIE LINKE
Der gestrige Tag verging einmal mehr wie im Fluge, obwohl ich wieder erst gegen 23 Uhr zu Hause war. Um 10 Uhr nahmen die Wahlmänner- und Wahlfrauen der sächsischen LINKEN zur Wahl des Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin gemeinsam mit Vertretern der Grünen an einer Fraktionssitzung der SPD teil – so etwas hat es meiner Erinnerung nach zuvor noch nie gegeben. Anlass des ungewöhnlichen Zusammentreffens war ein Besuch von Prof. Gesine Schwan in Dresden, um sich einer Diskussion mit jenen Mitgliedern der Bundesversammlung zu stellen, die allgemein dem mehr oder weniger linken Lager zugerechnet werden. Dabei ging es um die Ursachen und mögliche Auswege aus der Wirtschafts- und Finanzkrise ebenso wie um Politik- bzw. Demokratieverdrossenheit oder dem Kampf gegen den Rechtsextremismus.
Es war insgesamt ein offenes, atmosphärisch durchaus angenehmes Gespräch, bei dem eigentlich nur einer etwas aus dem Rahmen fiel, und zwar der Leiter der Chemnitzer Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde Martin Böttger, der für die Grünen in der Bundesversammlung sitzen wird. Ohne es so deutlich auszusprechen, übte er wohl vor allem Kritik daran, dass Frau Schwan ausdrücklich auch um Stimmen der LINKEN wirbt. Schließlich sei ja die SED nie aufgelöst worden, und die Verbrechen aus DDR-Zeiten dürften nicht einfach ausgeblendet werden. Herr Böttger, vor dessen Biografie und gegenüber seinen Bürgerrechtsengagement vor 1989 ich großen Respekt habe, hat offenkundig nicht begriffen, dass inzwischen mehr als 20 Jahre vergangen sind und sich nicht nur die Welt sowie die Bundesrepublik geändert, sondern eben auch die LINKE eine Entwicklung durchlaufen hat. Wer heute immer noch der Konflikte aus der Zeit des Zusammenbruchs der DDR austragen will, ist wohl kaum in der Lage, Zukunft zu gestalten.
Da das Gespräch mit Frau Schwan länger dauerte als ursprünglich geplant, konnte ich dann nicht mehr zum Unternehmertag im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge fahren, was ich eigentlich vorhatte. Nach dem, was bisher zu hören war, habe ich aber wohl auch nichts verpasst. Es war vor allem eine Jubel- und Wahlveranstaltung der CDU ohne konkrete Ergebnisse. Ministerpräsident Tillich forderte die Unternehmer auf, trotz der Krise nicht auf Investitionen zu verzichten, er hat ihnen aber nicht gesagt, wo sie das Geld dafür hernehmen sollen, wenn die Banken trotz milliardenschwerer staatlicher Stützungen weiter dringend benötigte Kreditvergaben blockieren. Als die Unternehmer Herrn Tillich u.a. dazu befragen wollten, verließ dieser wegen eines Folgetermins die Beratung in Freital, ohne sich der Diskussion mit den Anwesenden zu stellen, was selbst Teile des CDU-nahen Publikums empörte. Diese Verhaltensweise ist typisch für den sächsischen Ministerpräsidenten, der sich vor jeder kontroversen Debatte zu drücken versucht. Damit aber wird er im Wahlkampf auf Dauer ganz sicher nicht durchkommen.
Gestern Abend nahm ich dann als Gast an der Sitzung des Landesvorstandes teil, auf der u.a. der Programmparteitag der sächsischen LINKEN ausgewertet und der Parteitag zur Beschlussfassung des Bundestagswahlprogramms vorbereitet wurde. Außerdem ging es um letzte Abstimmungen zum Ablauf der VertreterInnenversammlung vom 12.-14. Juni 2009, auf der die Landeslisten für die Bundestags- und Landtagswahlen aufgestellt werden.
Der Tag heute verlief dagegen etwas ruhiger, auch weil die eigentlich für 9 Uhr in Großenhain geplante Podiumsdiskussion zur Zukunft der Bildung in Sachsen wegen der Erkrankung eines wichtigen Referenten kurzfristig abgesagt wurde.
So musste ich nur am Abend zum Jahresempfang der Deutschen Polizeigewerkschaft nach Dresden, wo ich nicht nur Gewerkschaftsfunktionäre, sondern auch viele engagierte Polizistinnen und Polizisten traf, die sich von der Staatsregierung häufig allein gelassen fühlen. Wir als LINKE wollen sind keine Sicherheitsfanatiker wie die CDU, aber wir nehmen doch die Sorgen der Menschen im Land ernst. Deshalb werden wir den Personalabbau bei der Polizei stoppen und die Präsenz der Ordnungshüter vor Ort wieder erhöhen.
Angenehmer Höhepunkt des Abend war das Zusammentreffen mit Klaus J. Behrendt, den meisten sicher besser bekannt als Tatort-Kommissar „Max Ballauf“, der heute zum Ehrenkommissar des Freistaates Sachsen ernannt wurde. Gemeinsam mit Bruno Ehrlicher (verkörpert von Peter Sodann), der inzwischen ja leider vom Sender genommen wurde, gehört Ballauf gemeinsam mit seinem Kollegen Schenk zu den besten TV-Kommissaren, denn im WDR-Tatort werden immer wieder auch gesellschaftlich brisante Themen aufgegriffen, von Rechtsextremismus über erzwungene Kinderprostitution bis hin zur Armut und Obdachlosigkeit. Mögen so manche Auszeichnungen auch umstritten sein, die Ehrung für Klaus. J. Behrendt ist in meinen Augen absolut gerechtfertigt.
Und jetzt freue ich mich auf den freien Sonntag…