Antrag „Für eine transparentere Haushaltskontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten“
Geheim arbeitende Dienste, die einer Regierung unterstehen, sind ganz offenkundig das Gegenteil von Transparenz. Transparenz politischer Entscheidungen und eine wirksame parlamentarische Kontrolle sind jedoch wiederum Grundfesten demokratischer Staaten.
Rede zum Antrag „Für eine transparentere Haushaltskontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten“ (zu Protokoll gegeben)
Der vorliegende Antrag der Linken beinhaltet daher im Kern zwei Punkte: Zum einen wollen wir einen Bundestagsbeschluss herbeiführen, dass die pauschale Möglichkeit der Flexibilisierung der Haushaltsmittel – anders wie von der Koalition offenbar beabsichtigt – für die Etats der Nachrichtendienste nicht zur Anwendung kommt. Und zweitens sind wir der Ansicht, dass die Haushalte der Geheimdienste nicht länger hinter den verschlossenen Türen des so genannten Vertrauensgremiums verhandelt werden sollen, sondern wie die Etats der anderen Sicherheitsbehörden öffentlich in den Parlamentsausschüssen und vor der entscheidenden Abstimmung letztlich auch hier im Plenum des Bundestags beschlossen werden müssen.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie problematisch das Agieren der Geheimdienste ist, dann haben ihn die jüngsten Presseveröffentlichungen über den angeblich oder tatsächlich geplanten millionenschweren Ankauf von Software-Sicherheitslücken durch den BND auf dem Schwarzmarkt geliefert.
Was da beabsichtigt wird, ist politisch völlig indiskutabel und auch rechtlich höchst fragwürdig. Ich könnte dazu jetzt noch sehr viel mehr sagen, will aber angesichts der leider eng begrenzten Redezeit nur eine kurze Passage eines Kommentars von Hans Leyendecker in der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren:
Er sagt zu den Plänen des BND: „Das ist keine gute Idee. Die Frage nach der Relation von Kosten, Nutzen und Schaden drängt sich auf. Wer sich in solchen Märkten tummelt, treibt die Preise hoch. Davon können Online-Kriminelle profitieren und mehr Schwachstellen zum Verkauf erzeugen. Die Dienste müssen Bürger und Wirtschaft vor Schaden bewahren. Sie sollen Sicherheitslücken transparent machen und keine neuen schaffen.“ Genau diese Position vertreten auch wir.
Und genau deshalb haben wir auch ein Problem mit der beabsichtigten Flexibilisierung der Haushaltsmittel, die nach dem Willen der Bunderegierung mit dem Wirtschaftsplanentwurf für 2015 erstmals auch für die Geheimdienste zur Anwendung kommen soll.
Die Einräumung weitestgehender Deckungsmöglichkeiten leistet einen wesentlichen Beitrag zur vereinfachten Mittelverschiebungen und Verschleierung von überplanmäßigen Ausgaben bei flexibilisierten Titeln – auf diese Weise wird der praktische Haushaltsvollzug deutlich erleichtert und die Regierung in die aus ihrer Sicht komfortable Lage versetzt, ihre Ausgaben schnell und unbürokratisch an ihre eigenen Entscheidungsprozesse anzupassen. Bezogen auf die Nachrichtendienste wollen wir als LINKE das ganz ausdrücklich nicht!
Wegen der Geheimhaltungsbestimmungen muss ich ja immer ein wenig vorsichtig sein und will deshalb nur ganz allgemein formulieren: Es kann doch nicht sein, dass Gelder, die eigentlich für die Bezahlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dienste vorgesehen sind, aufgrund unbesetzter Stellen plötzlich womöglich zur Erhöhung der Prämien für die dubiosen V-Leute eingesetzt werden oder ungeplant frei zur Verfügung stehenden Mittel Gelder für die Verbesserung der Spionageabwehr gegen die Ausspähung deutscher Bürgerinnen und Bürger, z.B. der NSA, unter Umgehung des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des Vertrauensgremiums vielleicht für den Kauf neuer Überwachungstechniken eingesetzt werden, die im Zweifel auch für gegen die eigenen Bevölkerung zur Anwendung kommen könnten.
Die Lockerung des Grundsatzes der sachlichen Bindung von Haushaltsmitteln, wodurch die Voraussetzungen geschaffen werden, im Haushaltsvollzug eigene Schwerpunkte zu setzen, eigenmächtig Ressourcen zu verlagern und Ausgaben in priorisierten Bereichen zu verstärken, ist gerade im Bereich der Nachrichtendienste mehr als problematisch und sollte deshalb unterbleiben.
Sieht man diese gravierenden Änderungen und die daraus resultierenden Einbußen hinsichtlich der parlamentarischen Kontroll- und Steuerungsfunktion vor dem Hintergrund der politisch-gesellschaftlichen Erschütterungen der letzten zwei bis drei Jahre (Stichworte NSU/V-Männer, NSA, Datenlecks in allen kommerziellen Bereichen) und nimmt dazu die von der Regierung angekündigten und zum Teil sogar bereits umgesetzten Großprojekte und Maßnahmen wie die Strategische Initiative Technik mit einem finanziellen Volumen von 300 Mio. €, das IT-Sicherheitsgesetz, die faktische Austrocknung des aus dem BMI herausgenommenen BfDI und die organisatorischen Änderungen in den Behörden (Stichwort Aufbau EFI) zeichnet sich eine ziemlich bedrohliche Schwerpunktsetzung ab.
Obwohl – wie wir erst heute wieder im NSA-Untersuchungsausschuss feststellen mussten – massiver Rechtsbruch des BND mittlerweile offenkundig ist und wir lediglich noch nicht genug über sein tatsächliches Ausmaß wissen, verfolgt die Bundesregierung konsequent nur ein Konzept, nämlich das der Ausweitung der Aktivitäten deutscher Nachrichtendienste im In- und Ausland.
Die Anwendung des Instruments der Flexibilisierung auf die Haushalte der Geheimdienste erhöht die Gefahr des unkontrollierten und immer unübersichtlicheren Mitteleinsatzes durch diese.
Dem wollen wir entgegentreten und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.