Grundrechtseingriffe bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen vermeiden

Auch im Bereich des Luftverkehrs muss bei Personalüberprüfungen der Grundrechtsschutz beachtet werden. Die Bundesregierung will den grenzenlosen Zugang zu sensiblen Daten des Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters ermöglichen, ohne dass ein relevanter Sicherheitsgewinn erkennbar ist. Der Gesetzesentwurf muss nachgebessert werden!


Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/139 vom 15.01.2020

Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen luftsicherheitsrechtlicher Zuverlässigkeitsüberprüfungen Drucksache 19/16428

Zusatzpunkt 2: Antrag der Abgeordneten Manuel Höferlin, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Abschaffung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten und Luftsportler Drucksache 19/16481

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetzentwurf die Sicherheit im Flugverkehr erhöhen und hat dabei insbesondere die sogenannten Innentäter im Blick, also jene Personen, die auf Grundlage einer Zuverlässigkeitsüberprüfung einen besonderen Zugang zu Flughäfen und Flugzeugen haben und aus dieser privilegierten Situation heraus Anschläge verüben könnten.

Auch für meine Fraktion ist klar: Der zivile Flugverkehr ist selbstverständlich einer jener sensiblen Gebiete, in denen genau hingeschaut werden muss, wer Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen erhält. Deshalb ist es richtig, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen der Überprüfung auf Zuverlässigkeit evaluiert werden sollen.

Zugleich gilt: Auch in diesem hochsensiblen Bereich des Luftverkehrs muss sich jeder Eingriff in die Grundrechte an den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Dazu teile ich durchaus die eben geäußerte Position. Ob diese Abwägung im vorliegenden Gesetzentwurf wirklich gelungen ist, darf zu Recht bezweifelt werden. So sehen wir etwa bei einem möglichen Zugriff der Luftsicherheitsbehörden auf das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister noch erheblichen Erläuterungsbedarf. Auf diesen Punkt hatte bereits der Bundesrat hingewiesen und wegen des sensiblen Charakters der hier gespeicherten personenbezogenen Daten, aber auch im Interesse der Vertraulichkeit und der Integrität staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen vorgeschlagen, zumindest den betroffenen Personenkreis und die Anzahl der zu übermittelnden Daten einzuschränken.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn, meine Damen und Herren, mit einem völlig freien Zugriff wird die strenge Zweckbindung, wonach die Daten des Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters nur für Strafverfahren gespeichert und verarbeitet werden dürfen, ganz klar durchbrochen. Von dieser gesetzlichen Zweckbindung darf nur ausnahmsweise und in außergewöhnlich sicherheitsrelevanten Konstellationen abgewichen werden. Ob diese Voraussetzungen jedoch bei der Tätigkeit etwa von Schülerpraktikanten, Warenlieferanten und Reinigungskräften gegeben sind, ist zumindest fraglich. Hier muss es im weiteren Gesetzgebungsverfahren unbedingt Korrekturen geben.

Meine Damen und Herren, abschließend noch kurz zum Antrag der FDP, die eine verpflichtende Zuverlässigkeitsprüfung bei den Privatpiloten entfallen lassen möchte. Wir als Linke sind ja durchaus dafür, die gegenwärtige Praxis dieser Prüfungen zu hinterfragen; denn natürlich werden hier personenbezogene Daten größerer Berufsgruppen, die als solche erst einmal keinen Anlass zur Überprüfung gegeben haben, einfach mal so zu präventiven Zwecken verarbeitet. Und – auch das sehen wir sehr kritisch – es wird hier regelmäßig das Bundesamt für Verfassungsschutz einbezogen, das zur umfassenden Offenlegung seiner Erkenntnisse nicht verpflichtet ist, die bei der Abfrage entstandenen Daten aber über einen langen Zeitraum speichern und verarbeiten darf. Leider verzichtete die FDP darauf, dieses wichtige Anliegen in ihrem Antrag zu thematisieren, offenbar zugunsten eines einfachen Punktgewinns bei den glücklichen Männern und wenigen Frauen, die sich ein Privatflugzeug als Hobby leisten können.

(Manuel Höferlin [FDP]: Den vielen Jugendlichen in den Luftsportvereinen!)

Zu einer grundsätzlichen und kritischen Bestandsaufnahme sind wir als Linke gern bereit.

(Manuel Höferlin [FDP]: Gehen Sie mal in einen Segelfliegerklub und sprechen Sie mit den jungen Leuten!)

Eine solche Klientelpolitik à la FDP ist mit uns aber nicht zu machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])