Härtefallfonds für Zivil- und Katastrophenschutz!

Härtefallfonds für Zivil- und Katastrophenschutz!

Die anerkannten Hilfsorganisationen, deren ehrenamtliches Engagement bei jeder Katastrophe auf ein Neues und völlig zu Recht gelobt wird, kämpfen mittlerweile seit Jahrzehnten um bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen, wenn es um ihre Einsätze geht.

„In zwei öffentlichen Anhörungen im Innenausschuss hat die Bundesregierung in den Jahren 2022 und 2023 die Katastrophe von Ahrweiler analysiert und alle anerkannten Hilfsorganisationen haben eindeutig die Mängel benannt, die die Einsätze der Helferinnen und Helfer erschweren. Dass es zum dritten Jahrestag einer der folgenschwersten Katastrophen mit über 180 Toten in mehreren Bundesländern keine Anhörung gab, ist bezeichnend“, mahnt André Hahn, Sprecher für Zivilschutz und Katastrophenhilfe der Linke im Bundestag.

Dabei geht es nicht nur um Befugnisse und die Anerkennung von Ausbildungen, was über Grenzen der Bundesländer hinweg oft ein Problem ist. Auch in Sachen Versorgung und insbesondere der Freistellung für ihre Einsätze, können sich Helferinnen und Helfer weiterhin nicht sicher sein, auf angemessene Regelungen zu treffen.

„Dass Bund und Ländern es in zwei Jahren nicht schaffen, zu einer bundesweit einheitlichen Regelung zu gelangen, geht im schlimmsten Fall immer zu Lasten der freiwilligen Helferinnen und Helfer. Solange der Gesetzgeber diesen Bereich nicht verbindlich regelt, sollte der Bund mit einer Interimsverordnung für gleiche Versorgung eintreten und mit einem Härtefallfonds notfalls bei den Fällen einspringen, in denen die Gesetze und Regelungen der einzelnen Bundesländer unzureichend sind“, fordert Hahn.

„Die Länder regeln die Gesetzgebung in ihrer Zuständigkeit für den Katastrophenschutz und damit die Ansprüche der Helferinnen und Helfer … im Katastrophenfall. Die Ansprüche auf Lohnfortzahlung und des Versicherungsschutzes, sowie die Freistellungsregeln können sich von Land zu Land unterscheiden.“, teilt das Bundesministerium des Innern mit (SF490).

Während die Bundesregierung also keine Versuche unternimmt, eine bundesweit einheitliche Regelung auf den Weg zu bringen und die Helferinnen und Helfer einem diffusen Mix aus unterschiedlichen Rechten, Pflichten und Versorgungsszenarien aussetzt, scheut sich die Bundesebene nicht, alle Katastrophenschutzorganisationen im Rahmen des Zivilschutzes einzusetzen.

„Durch das Grundgesetz (GG) obliegt dem Bund die Aufgabe, im Spannungs- oder Verteidigungsfall (Art. 80a GG) die Bevölkerung zu schützen (Zivilschutz). Die Aufgaben im Rahmen des Zivilschutzes finden sich im Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz – ZSKG) wieder.“, ist man sich im Innenministerium durchaus bewusst. (MF 40). „Zielrichtung dieses Gesetztes ist es, im Zivilschutzfall durch nichtmilitärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern.“, heißt es weiter.

Die Zielrichtung des Innenministeriums macht vor allem klar: dafür braucht es den Einsatz der Helferinnen und Helfer, die sonst in Katastrophenfällen jeweils durch Landesgesetze zum Einsatz gebracht werden. Die Bundesregierung regelt also ganz selbstverständlich, dass sie sich im Spannungs- und Verteidigungsfall in die Verantwortung setzt und verpflichtet die anerkannten Hilfsorganisationen zur Mit- und Zuarbeit. Gleichzeitig ist sie aber offenbar nicht bereit, die Helferinnen und Helfer mit gleichen Rechten auszustatten.

„Keine Verantwortung, keine Kosten, wenn es sich nicht absolut vermeiden lässt – das scheint ein Leitsatz für die Arbeit im Bundesinnenministerium zu sein, der seit Jahrzehnten an vielen Stellen zu Tage tritt,“ kritisiert André Hahn. Das gibt es sogar schriftlich, wenn es beispielsweise um den Einsatz auf dem Wasser geht (MF39).

„Die Rettung aus Wassergefahren ist demnach bei etwaigen Zivilschutzszenarien keine priorisierte Aufgabe des Bundes. Eine Aufnahme der Aufgabe Rettung aus Wassergefahren in den § 13 ZSKG würde ebenso mit einer Verpflichtung des Bundes gegenüber den entsprechenden Hilfsorganisationen zur Ergänzung der Ausstattung durch die Aufwendung von Haushaltsmitteln verbunden sein.“, räumt das Innenministerium unverblümt ein.

Maximales Desinteresse demonstrierte die Bundesregierung dann auch bei der Frage danach, wie viele Einsätze im Rahmen der Wasserrettung im vergangenen und aktuellen Jahr stattgefunden haben. Nicht nur die zunehmenden Starkregenereignisse sollten Anlass sein, sich eine detaillierte Übersicht zu verschaffen. Insbesondere nach der Zerstörung des Karchowka-Staudamms in der Ukraine im Jahr 2023 sollte die Wasserrettung mindestens einen Stellenwert beim Zivilschutz erhalten. „Bei der Rettung von Menschen im ukrainischen Flutgebiet waren auch deutsche Wasserrettungseinheiten im Einsatz. Das sollte für das Innenministerium mindestens der Anlass sein, die bestehenden Konzepte für die Wasserrettung im Rahmen des Zivilschutzes mit den Einsatzerfahrungen der Helferinnen und Helfer abzugleichen.“, kritisiert Hahn.

„Nicht zuletzt sollte sich auch das Außenministerium dafür interessieren, wie Einsätze deutscher Hilfskräfte im Ausland ablaufen. Der Bund leistet sich darüber hinaus im Rahmen des Katastrophenschutzes das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern(GMLZ). Auch dort sollten die Informationen über aktuelle Verfügbarkeiten und die vergangene Auslastung präsent sein. Aus meiner Sicht ist das für ein vollständiges Lagebild absolut notwendig.“, so Hahn weiter.