Krisenkommunikation der Bundesregierung beschädigt das Vertrauen in die staatliche Pandemiebekämpfung

„Dass die Bundesrepublik im Vergleich zu vielen anderen Ländern hinsichtlich der Infektions- und Opferzahlen bislang halbwegs glimpflich durch die Covid-19-Pandemie gekommen ist, ist auch ein Erfolg der getroffenen staatlichen Maßnahmen und deren Akzeptanz durch die allermeisten Bürgerinnen und Bürger. Die Krisenkommunikation der Bundesregierung hingegen ist zunehmend fragwürdig und lässt auch nicht erkennen, welche konkrete Strategie bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie eigentlich verfolgt wird. Wenn es zutrifft, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Öffentlichkeit erst in der Pressekonferenz vom 17. April 2020 über die angeblich erst zu diesem Zeitpunkt erreichte niedrige (unter 1 liegende) Reproduktionszahl informierte, obwohl das Robert-Koch-Institut (RKI) hiervon zu einem viel früheren Zeitpunkt Kenntnis hatte, ist dieser Vorgang angesichts der angeordneten  weitreichenden Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht nachvollziehbar. Leider lässt die Bundesregierung meine dahingehende Frage unbeantwortet. Das ist inakzeptabel“, erklärt André Hahn, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und Mitglied des Innenausschusses, zur Antwort der Bundesregierung vom 26.05.2020 auf seine Schriftlichen Fragen.

Hahn weiter: „Die Grundrechtsbeschränkungen waren bzw. sind so schwerwiegend, dass es von zentraler Bedeutung ist, dass die verfolgte Strategie klar und mit nachvollziehbaren Zahlen kommuniziert wird. Eine Vorgehensweise, bei der die Reproduktionszahl erst zum alles entscheidenden Kriterium erhoben, später dann aber dahingehend relativiert wird, sie sei nur einer von mehreren Faktoren, beschädigt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die staatliche Steuerungsfähigkeit.

Unverständlich ist auch, weshalb die täglich kommunizierte Zahl an Neuinfektionen über Monate hinweg nicht in ein Verhältnis gesetzt wurde zu der Zahl der durchgeführten Tests, damit die Öffentlichkeit sich ein besseres Bild von der tatsächlichen Entwicklung der Fallzahlen machen kann. Leider kommt diese überfällige Ergänzung erst jetzt mit dem Zweiten Pandemiegesetz, nun allerdings auf eine datenschutzrechtlich bedenkliche Art und Weise, bei der auch personenbezogene Daten von Nichtinfizierten an die Gesundheitsämter übermittelt werden.“

Anlage: Antwort der Bundesregierung vom 26.05.2020 auf Schriftliche Fragen