LINKE bekräftigt NEIN zum Zensusvorbereitungsgesetz 2021

Statt einer Debatte im Plenum vor leeren Rängen in der Nacht vom 27. zum 28. September gegen 02 Uhr früh haben sich die Fraktionen darauf geeinigt, die Reden zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 (Drs. 19/3828) zu Protokoll zu geben. Hier bekräftigt DIE LINKE ihre Ablehnung zum Gesetz.


Rede im Bundestag am 27. September 2018 (zu Protokoll)

„Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zensusvorbereitungsgesetzes 2021“ (Drs. 19/3828)

(Anrede)

Wenn wir über den vorliegenden Gesetzentwurf debattieren und entscheiden wollen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit.

Hat uns der Zensus 2011, also die letzte umfassende Datenerhebung in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich geholfen, den sich zunehmend aufbauenden Mangel an Fachkräften, zum Beispiel bei Lehrerinnen und Lehrern, Kitaerzieherinnen und –erziehern oder auch an Pflegekräften rechtzeitig zu erkennen? Ich denke: Nein. Wir haben heute in vielen Regionen unseres Landes einen Pflegenotstand, einen Mangel an qualifizierten Pädagogen und suchen händeringend auch in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge nach entsprechend ausgebildetem Personal.

Hat uns der Zensus 2011, also die letzte umfassende Datenerhebung hierzulande geholfen, rechtzeitig den sich aufbauenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen zu diagnostizieren? Ich denke: Nein. Wir haben heute in vielen Bundesländer, vor allem in den großen Städten, eine Wohnungsnot, die selbst die Bundeskanzlerin nötigte, in der vergangenen Woche einen sogenannten Wohnungsgipfel einzuberufen.

War also der Zensus 2011, der die Steuerzahler laut Angaben der Bundesregierung 667,4 Millionen Euro gekostet hat, also wirklich nötig, um eine gute, bedarfsorientierte Politik zu machen? Wir als LINKE haben hier erhebliche Zweifel.

Natürlich brauchen wir für eine zielgerichtete Politik verlässliche Daten und auch meine Fraktion fordert diese regelmäßig ab, zum Beispiel in ihren zahlreichen Mündlichen und Kleinen Anfragen. Trotzdem ist DIE LINKE hinsichtlich der geplanten umfassenden Datenerhebungen durch den Zensus eher skeptisch und hat deswegen im Januar 2017 als einzige Fraktion das Zensusvorbereitungsgesetz 2021 hier im Bundestag abgelehnt.

Mein Kollege Jan Korte hat dies damals wie folgt begründet:

Das Zensusvorbereitungsgesetz 2021 ist ein Gesetz von erheblicher Tragweite. Denn etwa 10 Prozent aller in Deutschland ansässigen Personen sollen im Rahmen des Zensus 2021 zur Beantwortung umfangreicher Fragebögen gezwungen werden. Bei Nichtbefolgung werden die Behörden, wie beim letzten Zensus 2011, mit Buß- und Zwangsgeldern von 300 bis zu 5000 Euro drohen. Darüber hinaus werden zahlreiche sensible persönliche Daten aus diversen anderen Dateien ohne die Einwilligung oder Benachrichtigung der Betroffenen zusammengeführt. Auch für 2021 – und dann alle zehn Jahre erneut – schreibt die EU-Richtlinie 763/2008 vor, umfassende Daten über die Bevölkerung und Wohnsituation vorzulegen. Bereits mit ihrem Zensusgesetz 2009 nutzte die Bundesregierung diese Gelegenheit, um möglichst viele Daten der Bürgerinnen und Bürger zu sammeln und zu speichern. Die beiden Säulen des Zensus – Registerzusammenführung und „Stichproben“-Erhebung von immerhin 10 Prozent der Bevölkerung – bilden mit den Daten der 18 Millionen Wohnungs- und Hauseigentümer und der Erfassung der Bewohner sensibler Sonderbereiche (Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Krankenhäuser, Behindertenwohnheime und Notunterkünfte für Wohnungslose, aber auch Kasernen und Studentenwohnheime) die Informations- oder Datenbasis des Projekts, die zentral gespeichert wird.

Schon beim Zensus 2011 kritisierte DIE LINKE eine derart teure und aufwendige Volkszählung, die angesichts ausreichender Daten bei den Meldeämtern heutzutage definitiv nicht mehr nötig ist.

Bei dem jetzt zu beratenden Änderungsgesetz geht es darum, einen sehr komplexen Testlauf im Jahr 2019 für den bevorstehenden Zensus 2021 zu ermöglichen. Ohne hier ins Detail der einzelnen vorgeschlagenen Änderungen zu gehen: Da wir mit guten Gründen vor zwei Jahren gegen das Zensusvorbereitungsgesetz 2021 votierten und das hier vorliegende Änderungsgesetz an unseren damals artikulierten Kritikpunkten nichts ändert, kann und wird DIE LINKE auch dem Änderungsgesetz nicht zustimmen.