LINKE bereit für Gespräche über Modernisierung der Landesverfassung – Demokratiebremsen endlich lösen
Mit Blick auf die bevorstehenden Gespräche der Fraktionsvorsitzenden von CDU, LINKEN, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über die Aufnahme einer so genannten „Schuldenbremse“ in die Verfassung des Freistaates Sachsen und ggf. anderer Ergänzungen der Landesverfassung erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn:
Die Landtagsfraktion der LINKEN war und ist hinsichtlich sinnvoller oder objektiv notwendiger Änderungen an der Landesverfassung natürlich gesprächsbereit. Das gilt auch für das Thema Neuverschuldungsverbot, bei allen Bauchschmerzen, die wir dort haben.
Die „Schuldenbremse“ steht inzwischen im Grundgesetz und tritt ab 2020 ohnehin automatisch auch für die Länder in Kraft. Wenn nun darüber diskutiert wird, sie bereits jetzt in der Landesverfassung zu verankern, dann müssen aus unserer Sicht zwingend auch Ausnahmeregelungen getroffen werden, damit die politische Handlungsfähigkeit von Parlament und Regierung auch in besonders schwierigen Situationen sichergestellt ist.
Aus unserer Sicht müssen solche Ausnahmen zugelassen werden für die Sicherstellung der sozialen Daseinsvorsorge (die ja auch ein Verfassungsauftrag ist), für extreme Konjunkturschwankungen, sowie im Falle von Naturkatastrophen und zur Aufrechterhaltung der kommunalen Selbstverwaltung.
Generell gilt: Der Staat muss die Erfüllung seiner Aufgaben durch entsprechende Einnahmen sicherstellen, und da müssen künftig die wirklich Reichen in dieser Gesellschaft einen deutlich höheren Beitrag leisten, als das bisher der Fall ist. Über die von uns geforderte grundlegende Steuerreform kann jedoch nicht im Land, sondern nur auf Bundesebene entschieden werden.
Über die Bestimmungen unserer Landesverfassung entscheiden aber allein wir hier in Sachsen, und da sagt DIE LINKE: Wenn wir nach zwanzig Jahren nun erstmals die sächsische Verfassung „anfassen“ und über Modernisierungen nachdenken – was wir für richtig halten –, dann ist es kaum zu vermitteln, wenn wir allein über Schuldenbremse und Generationenfonds reden, denn auch in anderen Felder besteht dringender Handlungsbedarf.
So müssen wir z.B. die Demokratiebremsen in diesem Land lösen und die Quoren für Volksbegehren endlich spürbar absenken. Davon steht nichts im Koalitionsvertrag von CDU und FDP, aber wir sollten es trotzdem anpacken.
Im Ergebnis des Gespräches der Fraktionsvorsitzenden vom 10. Februar 2012 war unter anderem vereinbart worden, in unseren Fraktionen darüber zu beraten, über welche weiteren Themen aus Sicht der einzelnen Fraktionen bei den anstehenden Beratungen über eine Verfassungsnovellierung noch gesprochen und ggf. verhandelt werden sollte.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich dabei auf folgende Themenliste verständigt, und diese auch mit dem Landesvorstand und den Kreisvorsitzenden abgestimmt:
a) Direkte Demokratie und Mitbestimmung (u.a. Quoren Volksgesetzgebung,
Absenkung Wahlalter, Stellenwert neuer Medien)
b) Erweiterung Verbandsrechte / Verbandsklagen
c) Aufnahme Diskriminierungsverbot für Menschen mit Behinderung im Art. 18 (3)
d) Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in der Landesverfassung
e) Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips (Erweiterung der Vorgaben zur
Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans um das Ziel einer gerechten
Sozialordnung mit ausreichender Finanzierung
f) Verpflichtung zur Vorlage eines Nachtragshaushalts bei gravierenden
Abweichungen vom beschlossenen Haushalts-Plan
g) Aufnahme eines Staatsziels, dass es Pflicht des Landes und Verpflichtung aller
im Land ist, rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Aktivitäten
sowie eine Wiederbelebung und Verbreitung nationalsozialistischen
Gedankengutes nicht zuzulassen.
Über diese ausgewählten Punkte wollen wir in den kommenden Monaten mit den anderen demokratischen Fraktionen im Landtag reden und werden dann auch konkrete Formulierungsvorschläge vorlegen.
Zugleich will ich betonen, dass DIE LINKE zwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten unserer Landesverfassung längerfristig für eine umfassende Verfassungsmodernisierung unter möglichst breiter Beteiligung der Öffentlichkeit plädiert. Dazu wird der Landesvorsitzende in den nächsten Tagen im Detail informieren.