Noch gut eine Woche bis zu den Europa- und Kommunalwahlen…
Der Donnerstag und der Freitag verliefen aus verschiedenen Gründen etwas anders als geplant. Eigentlich hatte ich vor, am Donnerstag zunächst in den Landtag fahren, um einige Vorlagen zu unterschreiben, damit diese fristgemäß weitergeleitet werden konnten. Danach wollte ich gegen 11 Uhr an einer Demonstration streikender Kita-Mitarbeiterinnen vor dem Gewerkschaftshaus in Dresden teilnehmen und dort ein Grußwort sprechen, um die Beschäftigten in ihrem Kampf für einen Gesundheitstarifvertrag zu unterstützen.
Unser Fraktionsgeschäftsführer Klaus Sühl informierte mich während der Fahrt in die Landeshauptstadt darüber, dass eine größere und womöglich die einzige Kundgebung der Streikenden nun doch schon bereits um 9 Uhr begonnen hatte, und auch die Dresdner Oberbürgermeisterin Orosz auf dem Weg sei, um sich den Demonstranten zu stellen. Deshalb entschloss ich mich kurzfristig, gleich zum Schützenplatz zu fahren, eine richtige Entscheidung, wie sich später herausstellte, denn auch wenn es Stadtverwaltung trotz massiver Drohungen gegenüber den Beschäftigten nicht gelungen war, die Streiks zu verhindern, so hatte sie durch die zwangsweise, aber gesetzeskonforme Einrichtung von Notdiensten doch viele Mitarbeiter davon abhalten können, an den Protestaktionen teilzunehmen. Deshalb fiel die eigentlich für 11 Uhr angesetzte Demo letztlich aus.
Ich kam zumindest noch so rechtzeitig am Ort des Geschehens an, dass ich den wie immer völlig unverbindlichen und an den wirklichen Problemen der Betroffenen vorbeigehenden Redebeitrag der Oberbürgermeisterin hören konnte.
Im Anschluss hatte auch ich dann noch Gelegenheit, ein kurzes Grußwort zu sprechen, was insofern nicht ganz einfach war, weil bereits André Schollbach, der Vorsitzende der Dresdner Stadtratsfraktion für die LINKE geredet hatte, und wir die einzige Partei waren, von der zwei Vertreter zu Wort kamen. Deshalb gab es – offenbar initiiert von ein paar SPD-Leuten – einige vereinzelte kritische Rufe „Wahlkampf“, als ich ans Mikrofon trat.
Am Ende meiner kurzen Rede hatte ich jedoch den Beifall auf meiner Seite, denn ich konnte offenbar deutlich machen, dass es nicht nur um kommunale Entscheidungen geht, sondern auch die Landespolitik gefordert ist. Die Forderung nach einem Gesundheitstarifvertrag ist absolut berechtigt. Vieler der Erzieherinnen und Erzieher klagen über Hörschädigungen durch hohe Lärmbelastungen, über Rückenprobleme und Stress. Laut DGB geben nur 13 Prozent der Erzieherinnen an, dass sie während und nach der Arbeit keine gesundheitlichen Belastungen empfinden. Die Folgen der Überbelastung sind psychosomatische Erkrankungen und chronische Erschöpfung. Nur 26 Prozentkönnen sich vorstellen, gesund das Rentenalter zu erreichen. Deshalb sind die Forderungen nach einem Gesundheitstarifvertrag nur allzu berechtigt.
Eine der Hauptursachen für die bestehenden Probleme sind zu große Gruppen in den Kindertagesstätten, und nur durch massiven Druck der Betroffenen kann es gelingen, im Landtag endlich die längst überfällige Änderung des Betreuungsschlüssels zu erwirken. Ein Betreuungsschlüssel von 1:10 im Kindergarten und 1:5 in der Krippe wäre ein deutliches Bekenntnis zum Bildungsstandort Sachsen. Spätestens als ich daran erinnerte, dass Ministerpräsident Tillich bei seinem Amtsantritt versprochen hatte, den Schlüssel wenigstens von 1:13 auf 1:12 zu senken und dieses Versprechen dann gebrochen hatte, kippte die Stimmung bei den Streikenden.
Nach der Demo fuhr ich dann doch kurz in den Landtag, um die notwenigen Unterschriften zu leisten, bevor ich dann Richtung Frankenberg aufbrach, um an einem Wahlkampfforum der dortigen LINKEN teilzunehmen. Als wir in Frankenberg eintrafen, regnete es in Strömen, so dass auch die für diesen Tag geplante Vereidigung von Bundeswehrsoldaten ziemlich ins Wasser fiel. Bevor meine Veranstaltung begann, gab es noch einen heftigen Streit, weil die Bundeswehr veranlasst hatte, dass „störende“ Wahlplakate der LINKEN und der Grünen am Marktplatz abgenommen wurden, damit Fernsehbilder und Fotos nicht beeinträchtigt werden. Einigen der Verantwortlichen waren offenbar vor allem unsere EU-Wahlplakate mit dem Slogan „Raus aus Afghanistan“ ein Dorn im Auge. Das Aufhängen der Plakate war zuvor im Übrigen von der Stadtverwaltung genehmigt worden, und wir hatten die dafür fällige Gebühr ordnungsgemäß bezahlt. Von daher war es schlicht rechtwidrig, unsere Plakate zu entfernen, weshalb die örtliche LINKE inzwischen auch Strafanzeige gestellt hat. Durch eine Intervention meinerseits konnte zumindest verhindert werden, dass noch weitere Plakate entfernt wurden.
Das Bürgerforum in den Rathauspassagen, das von Sylke Zehrfeld, unserer Direktkandidatin für die Landtagswahlen moderiert wurde, hat dann sehr viel Spaß gemacht, und es gab von den Anwesenden eine ganze Reihe von Fragen zur Bundes- und Landespolitik. Von der Ortsvorsitzenden bekam ich als Dank zum Abschluss eine große Sonnenblume geschenkt, über die ich mich sehr gefreut habe. Im Zuge der nach dem Forum noch stattfindenden individuellen Gespräche und weil ich noch zwei Kartons mit Informationsmaterial transportieren musste, habe ich die Blume leider am Ende vergessen. Bei der Ortsvorsitzenden habe ich mich dafür inzwischen schon entschuldigt, und ich hoffe, dass die Sonnenblume nun trotzdem einen würdigen Platz gefunden hat.
Anders als ursprünglich beabsichtigt, führ ich dann doch nicht gleich nach haus, sondern noch einmal in den Landtag, um einige Büroarbeiten zu erledigen, und ich war dann froh, diesmal schon gegen 21 Uhr zu Hause zu sein.
Für Freitag war ursprünglich vorgesehen, dass ich an einer parlamentarischen Anhörung des Landtagsausschusses für Schule und Sport teilnehme. Meine Mitarbeiterin im Pirnaer Bürgerbüro hatte mich jedoch darüber informiert, dass Ministerpräsident Tillich unvorhergesehen zu einem Kurzbesuch nach Pirna kommen würde. Ziel des Ganzen war offenbar, dass es noch ein paar Fernsehbilder bzw. Fotos des CDU-Landtagskandidaten mit dem noch amtierenden Regierungschef geben sollte, und das kann man ja nicht so einfach durchgehen lassen. Womit bei der Union keiner gerechnet hatte, war, dass ich bei diesem Besuch (natürlich uneingeladen) auftauchen und zum Beispiel am Rundgang auf dem Pirnaer Sonnenstein, einem ganz wichtigen Gebiet in meinem Wahlkreis, einfach teilnehmen würde. Am vereinbarten Treffpunkt warteten fast ausschließlich CDU-Funktionäre, die sichtlich verstört waren, als ich bei heftigem Regen dort eintraf.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Geschäftsstelle der WGP, der Pirnaer Wohnungsgesellschaft und beim Stützpunkt der Volkssolidarität ging es dann weiter zum soziokulturellen Begegnungszentrum, wo etwa 50 bis 60 Rentnerinnen und Rentner auf eine Gesprächsrunde mit dem Ministerpräsidenten warteten.
Viele der älteren Besucher begrüßten mich überaus freundlich, was auch Herrn Tillich nicht verborgen blieb. Gleichwohl machte der Ministerpräsident bei seinem kurzen Statement und bei den Antworten auf Bürgerfragen durchaus eine gute Figur. Oberbürgermeister Ulbig konnte es sich allerdings wieder einmal nicht verkneifen, skrupellos Wahlkampf zu betreiben. So erinnerte er daran, dass Stanislaw Tillich fast auf den Tag genau ein Jahr Ministerpräsident sei und drückte seine Hoffnung aus, dass er uns noch möglichst lange erhalten bleiben möge.
Die Anwesenden klatschten artig und der mir gegenüber sitzende Ministerpräsident rief mir zu, wenn es nach dem Beifall ginge, dann hätte er die Wahl ja schon gewonnen. Ich sagte ihm nur ein Wort: „Abwarten!“
In der Diskussion meldete sich dann auch Karl-Heinz-Hennig, ein aktiver Mitstreiter der Volkssolidarität auf dem Sonnenstein, zu Wort. Er sprach in seinem Beitrag ganz sachlich gleich mehrere kritische Themen an und endete damit, dass viele Sonnensteiner es sehr merkwürdig fänden, jetzt im Wahlkampf Plakate zu sehen, auf denen die CDU ein „Perspektive für den Sonnenstein“ propagiert und für sich in Anspruch nimmt. Die CDU – so Hennig – habe den Sonnenstein nicht für sich gepachtet, es gebe auch noch andere, die sich für dessen Entwicklung einsetzen würden, z.B. DIE LINKE. Wieder klatschten die Anwesenden, und vielleicht sogar noch stärker als bei der Bemerkung von OB Ulbig.
Ich beugte mich zum Ministerpräsidenten herüber und bemerkte trocken: „Sie sehen hoffentlich – noch ist die Wahl längst nicht gelaufen!“
Auch wenn ich mir die heutige Medienberichterstattung ansehe, so ist der Plan der CDU, mit dem Ministerpräsidenten zu punkten und insbesondere ihren Direktkandidaten Oliver Wehner zu puschen, weitgehend gescheitert. Herr Wehner ist schon bei den Wahlen zum Kreistag durchgefallen; warum sollten ihn die Wählerinnen und Wähler nun plötzlich in den Landtag wählen?
Interessant war für mich im Übrigen aber auch zu sehen, dass der Pirnaer Oberbürgermeister persönlich den CDU-Bewerber für den Landtag in seinem Dienstauto in die Innenstadt chauffierte. Man darf gespannt sein, was der Sächsische Rechnungshof dazu zu sagen hat.
Den im Rahmen des Besuchsprogramms des MP noch geplanten Rundgang durch die Pirnaer Altstadt konnte ich leider nicht mehr mit absolvieren, weil noch verschiedene Termine in Dresden anstanden, unter anderem ein Gespräch mit unserem Wahlkampfleiter Rico Gebhardt zur Abstimmung meiner Wahlkampftour im August.
Am gestrigen Abend traf ich dann ab 20.30 Uhr gemeinsam mit Vertretern unseres Kreisvorstandes in der „Sennerhütte“ in meinem Heimatort Gohrisch noch zwei Vertreter der LINKEN aus Remscheid, der Partnerstadt von Pirna. Für mich war das ein sehr interessantes Gespräch, denn ich bewundere unsere westdeutschen Mitstreiter, die unter ungleich schwereren Bedingungen, als wir sie hier in den neuen Bundesländern vorfinden, aktiv Politik gestalten müssen.
Morgen werde ich dann in das Pfingstcamp der LINKEN am Werbellinsee bei Berlin fahren, wo es u.a. eine Talk-Runde mit den Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen in diesem Jahr geben wird.