Presseförderung des Bundes wird zur Luftnummer!

Presseförderung des Bundes wird zur Luftnummer!

Mehr und mehr Zeitungsredaktionen und Verlage werden zusammengelegt oder aufgekauft. Für die heimischen Zeitungen bedeutete das immer öfter einen überregionaler Mantelteil, der kaum Bezüge zum Leben der Menschen vor Ort hat und zusammengelegte Redaktionen, die immer seltener zur Lokalberichterstattung vor Ort erscheinen können.  Für die Zustellerinnen und Zusteller, die zuletzt immerhin den kargen Mindestlohn für ihre anstrengende Arbeit in den frühen Morgenstunden erhielten, ist es ein Schlag ins Gesicht, dass nun das Spardiktat dazu führte, dass viele von ihnen ihre Jobs verloren haben. Die Zeitungszustellung findet vielerorts jetzt über die Post und daher oft auch erst zur Mittagszeit statt.

„Der Hannoveraner Madsack-Konzern übernimmt die DDV-Mediengruppe aus Dresden mit der auflagenstarken Sächsischen Zeitung. Für Madsack die Fortsetzung seines ‚erfolgreichen Digitalisierungs-, Wachstums- und Konsolidierungskurses‘, für Mediennutzer schlicht ein Fall von massiver Pressekonzentration. Im Norden schluckt der Schwäbische Verlag die Schweriner Volkszeitung“, meldete ver.di zu Jahresbeginn. „Zeitungen sind für die Demokratie elementar. Eine vorübergehende Vertriebsförderung hätte uns auch bei der weiteren digitalen Transformation entscheidend geholfen“, kritisiert Kai Röhrbein, Chef vom Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien bereits im vergangenen November im Deutschlandfunk.

„Doch leider ist für die Bundesregierung die Presseförderung nachrangig. ‚Im Bundeshaushalt sind dafür aktuell keine Mittel eingestellt‘, heißt es lapidar in der Antwort auf meine Schriftliche Frage,“ informiert André Hahn, der stellv. Vorsitzende der LINKEN im Bundestag. „Das seit Jahren überfällige und geforderte Projekt ist in dieser Legislaturperiode damit quasi vom Tisch und absehbar nicht mehr realisierbar. Damit reiht sich das Thema Presseförderung nicht nur bei den gebrochenen Versprechen der Ampel-Koalition ein, sondern wird zu einem weiteren negativen Beitrag in Sachen Demokratie“, ordnet André Hahn die Antwort ein.

„Insbesondere in den weitläufigen Gebieten, wie in der Sächsischen Schweiz und dem Osterzgebirge (meinem Heimatwahlkreis) stehen die Verlage und Zustellfirmen vor stetig steigenden Kosten, weil immer weniger Menschen Zeitungen abonnieren oder bei allgemein steigenden Kosten auf teure Abonnements verzichten. Das ist fatal, wenn diese Lücke dann durch fragwürdige Druckerzeugnisse und Online-Infokanäle von rechten Akteuren  benutzt wird“.

Die ZEIT berichtete, wie mittlerweile AfD-nahe Anzeigenblätter in Ostdeutschland den Regionalzeitungen Konkurrenz machen. Unterdessen liegt der Verlust der Sächsischen Zeitung nach Medienberichten bei quasi nicht zu erwirtschaftenden 5 Millionen Euro, was die Madsack-Gruppe mit Zusammenlegung, Auslagerung von Abrechnungs- und Verwaltungsaufgaben sowie massivem Stellenabbau kompensieren will.

„Jobverlust und einmal mehr das Gefühl, aus dem Westen fremdbestimmt zu sein. Doppelt problematisch ist allerdings, dass zeitgleich in Sachen Demokratieförderung gespart wird und so den Rechten Tür und Tor geöffnet wird“, so Hahn weiter.  Zuletzt hatte Parteikollegin und Linke-Ko-Vorsitzende Janine Wissler kritisiert, dass rechten Hetzern und Verschwörungstheoretikern, aber auch als Vereine getarnte kommerzielle Geschäftsmodelle Steuerprivilegien zugebilligt werden und gleichzeitig Vereinen für den Schutz von Menschenrechten, Demokratie und für mehr politische Partizipation die Steuervorteile der Gemeinnützigkeit entzogen wurden. „Angesichts so dramatischer Fehlentwicklungen im Bereich der Gemeinnützigkeit ist es absolut unverantwortlich, dass die Ampel es trotz ihres Versprechens aus dem Koalitionsvertrag nicht angeht, das Gemeinnützigkeitsrecht zugunsten von Demokratieförderung sowie Partizipation und damit zulasten von Hass und Hetze deutlich klarer zu regeln“, so Wissler.

„Wenn die Koalition die Themen Presseförderung und Demokratieförderung nicht als zusammengehörig begreift, wird ihr Engagement im sogenannten ‚Kampf gegen Rechts’ zur Farce. Letztlich wird das auf dem Rücken derer ausgetragen, die tagtäglich unter immer schwerer werdenden Bedingungen für Menschenrechte und Demokratie einstehen. Ein Verbot großer rechter Publikationen und Hetzblätter allein wird nicht ausreichen, um der Ausbreitung des Hasses in diesem Land entgegenzutreten. Dafür brauchen wir unabhängige Medien, die breit berichten können und Lokalredaktionen, die sich auch die Zeit nehmen können, beispielsweise bei Kreistagssitzungen vor Ort zu sein und darüber auch umfänglich berichten“, sagt Hahn.

Auf die Frage von Frage 7/393 von André Hahn

Welchen Stand hat die Bundesregierung hinsichtlich des im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP bekundeten Ziels bislang erreicht, die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen zu gewährleisten und prüfen zu wollen, welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind („Presseförderung“), und ist die Förderung von regionalen Zeitungen, die laut Medienberichten in Konkurrenz zu AfD-nahen Anzeigeblättern stehen Teil der geplanten Maßnahmen, und wenn ja, inwiefern?

antwortete die Bundesregierung:

Eine Prüfung gemäß des Auftrages im Koalitionsvertrag hat stattgefunden: Nach den vom Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Auftrag gegebenen und bereits letztes Jahr veröffentlichten Gutachten wäre eine Förderung durch die öffentliche Hand grundsätzlich möglich. Im Bundeshaushalt sind dafür aktuell keine Mittel eingestellt.