Rede in Erwiderung auf die vor Eintritt in die Tagesordnung erfolgte Erklärung des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zur Euro-Krise und zum Hilfspaket für Griechenland
015. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages, 19.05.2010
Rede in Erwiderung auf die vor Eintritt in die Tagesordnung erfolgte Erklärung des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zur Euro-Krise und zum Hilfspaket für Griechenland
Auszug Protokollmitschrift
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Ministerpräsident, ich danke Ihnen zunächst für die Information, die Sie uns eben gegeben haben, auch was das absehbare Stimmverhalten des Freistaates Sachsen angeht. Zugleich freue ich mich, dass Sie als Ministerpräsident noch da sind. Ich sage das ganz deutlich.
Sie haben nach der Regierungserklärung,
(Jürgen Gansel, NPD: Vielleicht überlebt er den Euro!)
die Sie gehalten haben, nur ein einziges Mal geredet, wenn ich mich richtig erinnere, nämlich zur Einführung der Jobcenter und zu den Vereinbarungen, die dort im Zusammenhang mit den Urteilen zu Hartz IV getroffen worden sind. Sie haben nichts zu den Lehrerprotesten gesagt. Sie haben sich hier nicht zu den sozialen Kürzungen geäußert. Sie haben hier als Ministerpräsident keine Stellung zur Situation der sächsischen Polizei und zu den wegbrechenden Steuereinnahmen genommen.
Ich erwarte, dass sich ein Ministerpräsident nicht nur zu internationalen Fragen, sondern auch zu den Problemen des eigenen Landes äußert, und zwar in erster Linie.
(Beifall bei der Linksfraktion)
Heute nun die Information zur Bewältigung der Eurokrise, also über einen Bereich, in dem der Landtag im Wesentlichen – darauf haben Sie aufmerksam gemacht – nichts zu entscheiden hat. Trotzdem danke ich Ihnen dafür.
Parallel läuft auch die Debatte zu diesem Thema im Deutschen Bundestag. Die Kanzlerin hat dort von einer existenziellen Krise gesprochen und gesagt, wenn der Euro scheitere, dann scheitere auch Europa. Die Lage ist also ernst, ernster noch als bei der Wirtschafts- und Finanzkrise vor zwei Jahren. Allerdings sollten wir in dieser Situation nicht vergessen: Dass die Lage ernster geworden ist, hängt vor allem damit zusammen, dass in den Jahren 2008 und danach die notwendigen Konsequenzen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht gezogen worden sind.
(Beifall bei der Linksfraktion – Zurufe von der NPD)
Meine Damen und Herren! Ich darf daran erinnern: Die Hedgefonds wurden nicht verboten, Leerverkäufe waren weiterhin zugelassen, jetzt durch die BaFin für einige Monate wieder ausgesetzt. Alle spekulationsfördernden Gesetze und sämtliche Steuererleichterungen für
Spekulationsgewinne sind nach wie vor in Kraft. Nichts hat sich seit 2008 substanziell geändert. Dazu allerdings hat der Ministerpräsident in seinen Ausführungen leider wieder einmal nichts gesagt. Zumindest hat er heute das Wort „Finanztransaktionssteuer“ in den Mund genommen,
(Beifall bei der SPD)
das CDU und FDP bislang gescheut haben wie der Teufel das Weihwasser.
Ihnen ist bekannt, meine Damen und Herren, dass wir eine solche Finanztransaktionssteuer seit Jahren gefordert haben. Inzwischen gibt es auch bei den Sozialdemokraten und bei den GRÜNEN entsprechende Forderungen. Ich freue mich, dass hier Bewegung erkennbar ist.
Für uns als Linke ist aber klar: Es darf nicht länger über eine solche Finanztransaktionssteuer geredet werden, sie muss endlich in Deutschland und in Europa eingeführt werden. Das ist die zentrale Forderung, die wir an dieser Stelle erheben.
(Beifall bei der Linksfraktion)
Natürlich brauchen die Finanzmärkte dringend eine wirklich nachhaltige Regulierung. Die Banken müssen ebenso wie die Spekulanten ganz maßgeblich an den Kosten für die Krisenbewältigung beteiligt werden. Nur dann kann man die Krise wirklich überwinden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der Linksfraktion)