Riesas Verkehrsanbindung ist kein Zustand

Riesas Verkehrsanbindung ist kein Zustand
© Sebastian Schultz

Interview in der Sächsischen Zeitung, Ausgabe vom 27.08.2016

Riesa. Dreißig Grad im Schatten? Das Wetter in Riesa bringt André Hahn nicht aus der Fassung. Der Linken-Bundestagsabgeordnete ist als sportpolitischer Fraktionssprecher gerade erst von Olympia in Brasilien zurück gekommen. Nun aber hat der 53-Jährige Riesa einen Besuch abgestattet: Neben seinem Heimatwahlkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge ist er bei der Linksfraktion auch für den Kreis Meißen zuständig. Die SZ hat ihn getroffen. 

Herr Hahn, Riesa hat keine Autobahnabfahrt. Wie sind Sie hergekommen? 

Mit dem Auto immer die B 6 entlang. Aber wenn man weiß, wie viel Wirtschaft in Riesa produziert, ist das kein Zustand. So wie hier der Ausbau der B 169 fehlt, so haben wir in Pirna das Problem mit der B 172. 

Aber Pirna hat doch schon einen zweispurigen Autobahn-Zubringer? 

Ja, aber die Umfahrung fehlt! Dafür habe ich mich schon in den 90ern per Parlamentarischer Anfrage eingesetzt. Immerhin haben wir in Pirna mittlerweile Baurecht. Das fehlt in Riesa noch – auch wenn beide Projekte im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans stehen. 

Der muss vom Bundestag beschlossen werden. Sind Sie zuversichtlich? 

So ein Projekt zieht sich über Jahre hin. In Pirna haben wir 20 Jahre gebraucht, da hoffe ich auf einen baldigen Baubeginn. In Riesa will ich da nicht zu viel versprechen. 

Warum? 

Entscheidend ist die Bereitstellung der Gelder. Darüber wird aber erst gesprochen, wenn Baurecht besteht. Für das aber ist der Freistaat zuständig. Ich wünsche mir, dass Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) die B 169 voranbringt. Dann bleibt aber immer noch das Problem mit dem Geld. 

Wo liegt das? 

Der Bundesverkehrsminister kommt von der CSU. Und ein erheblicher Teil der Milliarden, die für Bauprojekte zur Verfügung stehen, fließt nach Bayern. Die sächsischen Bundestagsabgeordneten müssen sich insgesamt stark machen, dass auch Projekte in Sachsen verwirklicht werden! 

Das sollte selbstverständlich sein … 

Im Bundestag sind viele der Meinung: Im Osten sei seit der Wende so viel in die Infrastruktur investiert worden, dass nun wieder der Westen dran sei. Deshalb müssen wir Sachsen fraktionsübergreifend an einem Strang ziehen. Ich wünsche mir einen baldigen Baubeginn in Riesa, kann aber dafür keine Garantie abgeben. 

Dafür kann Riesa mit einem ICE-Halt bei der Bahnanbindung punkten. Wie sind Sie damit zufrieden? 

In Gesprächen habe ich erfahren, dass man sich in Riesa eine S-Bahn-Anbindung nach Dresden wünscht. Das kann ich nachvollziehen: Von Schmilka aus kommt man als Pendler alle 20 bis 30 Minuten per S-Bahn nach Dresden. Zuständig dafür ist allerdings der Verkehrsverbund – und dessen Chef ist ja noch der hiesige CDU-Landrat. 

Als Mitglied der Parlamentariergruppe Binnenschifffahrt waren Sie am Riesaer Hafen. Haben Sie ein Schiff gesehen? 

Nun, ich habe über die Zahlen gestaunt: Der Schiffstransport am Riesaer Hafen macht weniger als 15 Prozent aus, der Rest geht über Lkw oder Schiene. Weil die Firmen hier aber Transportkapazität benötigen, will man die Kapazität der Anlagen fast verdoppeln. Ich bin beeindruckt, wie man das logistisch in Riesa hinbekommt. 

Wäre mehr Wasser in der Elbe und der Fluss häufiger schiffbar, würden wohl auch mehr Schiffe verkehren. Wie stehen Sie zum Ausbau der Elbe? 

Den Bau der in Tschechien geplanten Staustufe lehne ich ab. Der würde die Schiffbarkeit in Deutschland kaum verbessern, hätte aber negative Folgen für Umwelt und Tourismus. 

Und was halten Sie von einem Ausbau der Elbe in Sachsen? 

Ich bin gegen eine Vertiefung der Elbe. Ein besserer Unterhalt würde schon helfen. Außerdem lassen sich Schiffe so bauen, dass sie mit weniger Tiefgang auskommen. 

Aktuelles Thema ist bei uns der Weinskandal. Beschäftigt der Sie auch? 

Ich werde eine Parlamentarische Anfrage im Bundestag stellen, warum in Deutschland je nach Bundesland unterschiedliche Grenzwerte für Stoffe im Wein gelten. Es kann doch nicht sein, dass in Sachsen Wein weggeschüttet wird, der zulässig wäre, käme er aus einem anderen Weinanbaugebiet. Das will ich überprüfen lassen. 

Gespräch: Christoph Scharf