Spitzensportförderung durch die Bundeswehr: Unübersichtlich und weiterhin männlich geprägt
„Das Schulschiff Gorch Fock gehört sicher zur Spitze des Eisberges der Konzeptlosigkeit und des mangelnden Verantwortungsbewusstseins bei der Bundeswehr, aber auch in anderen Bereichen sieht es bei Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) nicht viel besser aus. So weigert sich das Ministerium seit geraumer Zeit, dem Bundestag das angeblich vorhandene Konzept zur Weiterentwicklung der Spitzensportförderung vorzulegen. Laut Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der LINKEN zur „Spitzensportförderung durch die Bundeswehr“ (Drs. 19/7994) hat das Ministerium das „erweiterte Sportförderkonzept“ bereits auf der 71. Sitzung des Sportausschusses am 21. Juni 2017 vorgestellt und der Ausschuss soll dies zustimmend zur Kenntnis genommen haben. Mal abgesehen von vielen weiteren Widersprüchen zwischen den im Ausschussprotokoll festgehaltenen Antworten des Ministeriums in dieser Ausschusssitzung und den Antworten auf die aktuelle Kleine Anfrage ist der damalige Parlamentarische Staatssekretär den diesbezüglichen Fragen der LINKEN ausgewichen und auch eine zustimmende Kenntnisnahme ist nicht im Protokoll vermerkt“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende und sportpolitische Sprecher der Bundestagsfaktion DIE LINKE, Dr. André Hahn“.
Hahn weiter: „Interessante Aufschlüsse gibt die Antwort der Bundesregierung auch an anderen Stellen. So handelt offensichtlich die bei den Streitkräften angesiedelte Sportförderung der Bundeswehr generell losgelöst von dem für die Sportförderung zuständigen Bundesinnenministerium und der sonstigen Sportförderung hierzulande.
Abstimmungen mit den ebenfalls für die Spitzensportförderung zuständigen Stellen bei der Bundespolizei und beim Zoll gibt es nicht (Frage 17). Auch sind Verteidigungsministerium und Bundeswehr nicht in der Lage, Fragen zur Spitzensportförderung in den vergangenen Jahren zu beantworten, da es angeblich dazu keine Unterlagen und Archive mehr gibt.
Nicht akzeptabel ist, dass Frauen im Sportfördersystem der Bundeswehr offensichtlich weiterhin nur eine nachgeordnete Rolle spielen und die Bundesregierung die Verantwortung dafür nur beim DOSB und den Sportfachverbänden sieht. Dabei geht es nicht nur um die Spitzensportlerinnen – hier sind bei den olympischen Sportarten lediglich 37 Prozent der geförderten Kader Frauen – sondern auch um das Personal an den Stützpunkten der Sportfördergruppen. Von 48 Trainern beispielsweise sind gerade einmal zwei weiblich (Frage 8). Ähnliches ließe sich auch zu den Antworten hinsichtlich der Förderung des paralympischen Sports anmerken.
Fragwürdig auch die Übersicht über die 15 Sportfördergruppen und die geförderten Sportarten. Neben den dort aufgeführten Militärsportarten findet man auch Bowling, Skibergsteigen, Wakeboard, Squash, Golf, Kickboxen, Eisstockschießen, Teakwando, Rugby, Segelfliegen, Sporttauchen, Wasserski und andere Sportarten, die nicht gerade im Mittelpunkt der Spitzensportförderung Deutschlands mit Blick auf Olympische Spiele stehen.
Mein Fazit: Auch wenn die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage meint, dass es bei der Bundeswehr hinsichtlich der Spitzensportförderung keinen Änderungsbedarf gibt (obwohl sie andererseits sagt, dass für die kommenden Jahre 2020 – 2022 noch gar keine Planungen existieren!), denke ich, dass hier der Sportausschuss, der DOSB und auch der Bundesrechnungshof noch genauer hinschauen müssen.“