Staatsanwaltschaft Dresden von Idee besessen, für erfolgreichen Protest gegen Naziaufmarsch „Schuldige“ zu finden
Der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn, erklärt anlässlich der heutigen Pressekonferenz zum Fortgang des Verfahrens zur Aufhebung seiner Immunität wegen des Protestes gegen den Naziaufmarsch am 13. Februar 2011 in Dresden:
Die Dresdner Staatsanwaltschaft ist geradezu besessen von der Idee, es müssten für die 2010 und 2011 erfolgreiche Verhinderung des europaweit größten Naziaufmarsches verantwortliche Rädelsführer dingfest gemacht werden. Das liegt an der Perspektive der sächsischen Anklagebehörde, dass nur Protest gegen Nazis zulässig sei, von dem diese nichts mitbekommen. Zur Durchsetzung dieser deutschlandweit einmaligen Position wird eine bundesweit einzigartige Eskalation vorangetrieben, in der letztlich die gesamte kritische Zivilgesellschaft als kriminelle Vereinigung eingestuft wird. Ins Visier wurden dabei 2010 vier Landtags-Fraktionsvorsitzende der LINKEN, darunter auch ich, genommen, und 2011 soll ein Jugendpfarrer aus Jena dran glauben, der seit Jahrzehnten als völlig unbescholtene und sozial wie politisch schon zu DDR-Zeiten engagierte Persönlichkeit bekannt ist.
Dass nun mit Blick auf meine Person im zweiten Anlauf versucht wird, den Geschäftsordnungsausschuss des Landtags zur Aufhebung meiner Immunität zu bewegen, indem ein YouTube-Video als sogenanntes Beweismittel herangezogen wird, das seit Langem auf meiner eigenen Internetseite steht und an dem die Ermittlungsbehörden bisher keinen Anstoß genommen haben, zeigt die eklatante Beweisnot der Staatsanwaltschaft. Da dieses Video, ganz abgesehen von seinem unverfänglichen Inhalt, erst während des 13. Februar auf der Straße in Dresden entstanden ist, konnte es logischerweise niemanden dazu anstiften, dorthin zu kommen. Darüber hinaus erneuert die Staatsanwaltschaft ihr „Argument“, mir käme aufgrund meiner Funktion als Fraktionsvorsitzender eine besondere Verantwortung auch in strafrechtlicher Hinsicht zu. Dieser „Logik“ haben aber schon bei der letzten Sitzung des Landtags-Geschäftsordnungs-ausschusses Vertreter aller demokratischen Fraktionen widersprochen. Strafrechtliche Verfolgung darf sich ausschließlich auf eine konkrete Tat gründen, nicht aber auf eine demokratisch gewählte Funktion im Parlament. Dies wäre politischer Missbrauch der Strafverfolgung, vor der Abgeordnete durch die Immunität zu Recht geschützt werden.
Wir vertreten wie der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König die Auffassung, das ein friedlicher Protest in Sicht- und Hörweite von Nazi-Veranstaltungen möglich sein muss. Deshalb wird die Razzia sächsischer Polizei in den Räumen von Pfarrer König auch in Sachsen ein parlamentarisches Nachspiel in Form einer Sondersitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses haben, zu dem unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender Klaus Bartl informieren wird. Die Thüringer Fraktion der LINKEN hat eine ebensolche Sitzung in Erfurt beantragt.