Trotz AfD-Ablenkungsmanöver: Rechtsextremismus ist die größte Gefahr für die innere Sicherheit

Dreist zettelt die AfD einen Tag, nachdem Innenminister Seehofer die historisch höchsten Zahlen von rechtsextremen Straf- und Gewalttaten in diesem Land verkünden musste und den Rechtsextremismus völlig zurecht als größte Gefahr für die innere Sicherheit einstufte, hier eine Debatte über Linksextremismus an und nimmt dafür den 1. Mai in Berlin zum Anlass. Ich kann nur an alle Demokraten appellieren, der AfD bei ihrem durchsichtigen Ablenkungsmanöver nicht auf den Leim zu gehen.


Auszug aus dem Plenarprotokoll 19/226 vom 5.5.2021

Tagesordnungspunkt:

ZP2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin Hess, Roman Johannes Reusch, Dr. Bernd Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Linksextremistische Brandanschläge und Gewaltexzesse am 1. Mai stoppen – Effektivi- tät der Terrorbekämpfung optimieren

Drucksache 19/29293

ZP3 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Martin Hess, Dr. Bernd Baumann, Dr. Gottfried Curio, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Bundeseinheitlicher Aktionsplan 2020 gegen linksextremistische Gewalt und Terror – Null Toleranz statt Deeskalation

Drucksachen 19/22189, 19/24121

 

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Abgeordnete Dr. André Hahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der AfD über Extremismus zu diskutieren, ist genauso sinnlos, als wenn man versucht, eine braune Wand mit Argumenten buntzufärben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Das sagt der Richtige!

Das wird nicht gelingen. Die Wand bleibt ebenso braun wie die AfD, auch wenn sie sich selbst als blau präsentiert.

(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Gießen Sie mal rot und grün zusammen!)

Ich finde, es gehört schon ein ganzes Stück an Dreistigkeit dazu, einen Tag, nachdem Innenminister Seehofer auf der Bundespressekonferenz

(Stephan Brandner [AfD]: Unsere Auffassung bestätigt hat!)

die historisch höchsten Zahlen von rechtsextremen Straf- und Gewalttaten in diesem Land verkünden musste

(Martin Hess [AfD]: Schauen Sie sich mal die Linksextremen an! Die haben doch die Rechtsextremen bei Weitem überflügelt! Nehmen Sie doch mal die Realität zur Kenntnis!)

und den Rechtsextremismus völlig zu Recht als größte Gefahr für die innere Sicherheit einstufte, seitens der AfD jetzt hier eine Debatte über das Thema Linksextremismus führen zu wollen. Sie greifen hier den Linksextremismus auf, um von sich selbst abzulenken. Kollege Grötsch hat es gesagt: Zu den Taten in Halle und Hanau sowie anderen rechten Gewalttaten hat die AfD hier noch nie einen Antrag eingebracht.

(Zuruf von der AfD: Wir reden über den 1. Mai in Berlin! Habe ich irgendwas falsch verstanden? Es geht um Linksextremismus!)

Ich habe es hier schon mehrfach erklärt und wiederhole es auch heute für meine Fraktion: Gewalt darf nie ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein,

(Stephan Brandner [AfD]: Außer wenn sie von links ausgeht!)

und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, von welchem politischen Spektrum diese Gewalt ausgeht.

(Martin Hess [AfD]: Hören Sie auf, sich mit der Antifa zu solidarisieren! Sie laufen doch in der vordersten Reihe mit!)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Kollegen, bitte!

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Es gibt nichts zu relativieren, und tätliche Angriffe auf Polizeibeamte sind nicht zu rechtfertigen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD: Das sagen Sie mal Ihren Leuten! Insbesondere der Antifa!)

Wenn die AfD den 1. Mai schon zum Anlass für diese Debatte nimmt, dann möchte ich doch einfach mal den SPD-Innensenator Geisel zitieren. Er hat seine Bilanz des Tages wie folgt gezogen:

Die hässlichen Bilder aus Neukölln dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen in Berlin insgesamt friedlich und verantwortungsbewusst demonstriert haben.

Noch mal: Das ist nicht meine Einschätzung, sondern die von Innensenator Geisel.

(Martin Hess [AfD]: Genau das ist SPD!)

Die in der Tat nicht tolerierbaren Vorfälle in Neukölln waren insbesondere Gewalttaten von selbsternannten Autonomen, die sich als völlig unabhängig und ausdrücklich nicht links verstehen. Das ist seit Langem bekannt – im Übrigen auch dem Verfassungsschutz –; aber mindestens die Union will ja unbedingt ihre absurde Extremismustheorie und die damit verbundene weitgehende Gleichsetzung von rechts und links aufrechterhalten, selbst wenn die Fakten seit Langem eine andere Sprache sprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst gestern wurde ein Rechtsextremist verhaftet, der für weit über 100 Schreiben mit Gewalt- und Mordandrohungen gegen Politikerinnen, Anwälte, Flüchtlingshelfer mit dem Absender „NSU 2.0“ verantwortlich sein soll. Kennen Sie irgendeinen halbwegs vergleichbaren Fall von linker Seite? Ich kann deshalb nur an alle Demokraten appellieren, sich von der AfD nicht hinter die Fichte führen zu lassen.

Abgesehen davon sind die beiden Anträge der AfD auch handwerklich sehr schlampig gemacht; ich habe nicht die Zeit, um das jetzt im Einzelnen auseinanderzunehmen.

(Martin Hess [AfD]: Ist ja klar!)

Sie fordern einen Aktionsplan 2020, obwohl wir bald Mitte 2021 haben. Der andere Antrag kam irgendwann gestern Abend, sodass eine halbwegs seriöse Vorbereitung überhaupt nicht möglich war. Deshalb nur eine letzte Anmerkung, und zwar zur Überschrift des Antrages.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, kurz!

Dr. André Hahn (DIE LINKE):

Dort fordert die AfD: „Linksextremistische Brandanschläge und Gewaltexzesse am 1. Mai stoppen“. – Dazu sage ich für die Linke: Wir wollen Brandanschläge und Gewaltexzesse – egal von wem – nicht nur am 1. Mai, sondern auch an allen anderen 364 Tagen des Jahres verhindern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die AfD ist also eine Eintagsfliege. Wir sind das ganze Jahr für die Bürger da.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: Was für ein Geschwätz!)