Unkenntnis des Verfassungsschutzes zu Rechtsterror macht fassungslos

Hahn: Unkenntnis des Verfassungsschutzes zu Rechtsterror macht fassungslos / Köditz: Strukturen werden nicht erkannt

Nach der heutigen Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission, die sich mit dem Handeln des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit dem über ein Jahrzehnt lang in Sachsen untergetauchten Nazi-Trio befasst hat, erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Dr. André Hahn, zugleich Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission:

Wir sind fassungslos über das Ausmaß der Unkenntnis des Landesamtes für Verfassungsschutz im Bezug auf eine rechtsterroristische Gruppe, die mehr als zehn Jahre lang unbehelligt in Sachsen untertauchen und von hier aus ihre Mordserie planen und begehen konnte. Was wir heute erleben mussten, ist ein Offenbarungseid des Verfassungsschutzes.

Vorgebliches Nichtwissen und offenkundiges Nichthandeln zuständiger Behörden auf Bundes- und Länderebene sind verantwortlich dafür, dass die rechte Terror-Gruppe nicht aufgespürt und daher auch nicht dingfest gemacht werden konnte. Anderenfalls hätte der zehnfache Mord vermutlich verhindert werden können.

Dieses Versagen kann, sofern es sächsische Institutionen betrifft, nur durch eine eigene unabhängige Untersuchungskommission aufgearbeitet werden, die in enger Kooperation mit der Thüringer Untersuchungskommission steht. Leider hat die Landtagsmehrheit schon in der letzten Legislaturperiode unseren Gesetzentwurf zur Stärkung der Parlamentarischen Kontrollkommission durch eigene Juristen und weitere Fachleute abgelehnt. Gleichwohl werden wir natürlich alle derzeit zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel nutzen, um für Aufklärung und Konsequenzen zu sorgen.

Die Sprecherin für antifaschistische Politik der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, Kerstin Köditz, ebenfalls Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission, fügt hinzu:

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Sachsen hat Probleme damit, rechte Strukturen als Strukturen und bestehende Netze als Vernetzung anzuerkennen. So beharrt man beispielsweise darauf, dass das Freie Netz nur ein Internetportal ist und keine Organisation. Ebenso verheerend falsch ist das Bild, das der Verfassungsschutz vom Rechtsterrorismus gezeichnet hat: Es wurde so getan, als gäbe es ihn nicht. „Johanngeorgenstadt“ als ein mögliches Kontaktzentrum des Nazi-Trios kommt im Ortsverzeichnis der Verfassungsschutzberichts Sachsen 2010 zwischen „Iran“, „Irak“, „Kamenz“ und „Kenia“ nicht vor.